Die Bertelsmann AG hat ihren Umsatz im vergangenen Jahr um 5,1 Prozent auf etwa 17,9 Milliarden Euro gesteigert und das operative Ergebnis (vor Zinsen, Steuern und Sondereinflüssen) um fast 13 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro erhöht. Die Umsatzrendite stieg auf etwa neun Prozent.

Das Netto-Jahresergebnis der Bertelsmann AG ging allerdings wegen geringerer positiver Sondereffekte auf 1,04 Milliarden Euro zurück. Im vergangenen Jahr haben alle sechs Geschäftsbereiche ihr operatives Ergebnis verbessert. Das Unternehmen meldete mit neun Prozent die zweitbeste Umsatzrendite der Firmengeschichte und will den Wert bis zum kommenden Jahr auf zehn Prozent steigern. Vor allem wegen der Übernahme des britischen TV-Programms Five, des DVD-Versenders Columbia House und des Kaufs der Mehrheit der Anteile am Verlag Motor-Presse stieg die Verschuldung von 2,6 (2004) auf 3,9 Milliarden Euro. Die Hälfte des Umsatzwachstums, so gab Bertelsmann bei seiner Bilanz-Pressekonferenz in Berlin an, sei auf Akquisitionen zurückzuführen. Die Zahl der Mitarbeiter wuchs weltweit um mehr als 10.000 auf etwa 88.500. In Deutschland seien tausend Stellen neu geschaffen worden.

 

 

2005

2004

2003
(angepasst)

Umsatz 

17.890 €

17.016 €

16.801 €

Operating EBIT 

1.610 €

1.429 €

1.026 €

EBIT (Ergebnis vor Finanzergebnis und Steuern) 

1.671 €

1.747 €

1.365 €

Jahresüberschuss vor Fremdanteilen 

1.217 €

1.217 €

208 €

Wirtschaftliche Finanzschulden

3.931€

2.632€

3.227€

Mitarbeiter

88.516

76.266

73.221

Ü Wachstumsmotor TV-Geschäft

Wichtigster Konzernbestandteil bleibt die RTL Group, die im vergangenen Jahr mit 5,1 Milliarden Euro mehr als 28 Prozent zum Konzernumsatz beitrug und fast 47 Prozent zum operativen Ergebnis der Bertelsmann AG. Die Rundfunk-Beteiligungen an 34 TV- und 34 Hörfunk-Stationen in ganz Europa erwirtschafteten dank eines um fast fünfzig Prozent gestiegenen Netto-Ergebnisses (537 Millionen Euro) eine Umsatz-Rendite von 14,8 Prozent. Während in Deutschland die Marktanteile von RTL, RTL 2, Vox, Super RTL und n-tv sowohl auf dem Zuschauer- als auch auf dem Werbemarkt zurückgingen, erzielte die RTL Group mit ihren TV-Programmen in Frankreich (M6), England (Five) und Spanien (Antena 3) Rekordergebnisse. Für die Zukunft sind Beteiligungen an und Übernahmen von Fernsehprogrammen in Süd- und Osteuropa geplant. Insgesamt will die Bertelsmann AG in diesem Jahr etwa eine Milliarde Euro für Akquisitionen ausgeben.

Die Medien-Dienstleistungssparte Arvato steigerte 2005 mit Druckereien, CD-Presswerken, Call-Centern, Finanzdienstleistern oder Logistik-Firmen den Umsatz um 16,2 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro (2004: 3,8 Mrd. Euro). Das Zeitschriftengeschäft der Bertelsmann-Tochtergesellschaft Gruner + Jahr konnte im vergangenen Jahr stabilisiert werden und erzielte ein Umsatzplus von 7,6 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro (Vorjahr: 2,4 Mrd. Euro). Das US-Magazingeschäft wurde komplett verkauft und in Deutschland die Mehrheit der Anteile am Verlag Motor Presse Stuttgart übernommen. Als operatives Ergebnis meldete Gruner + Jahr einen deutlichen Anstieg um 19,0 Prozent auf 250 Millionen Euro (2004: 210 Mio. Euro). Die Umsatzrendite erhöhte sich auf 9,5 Prozent (2004: 8,6 Prozent). Bertelsmann hält an Gruner + Jahr 74,9 Prozent der Gesellschafteranteile, den Rest besitzt die Hamburger Verlegerfamilie Jahr.

Ü Sony BMG macht Sorgen

Den Umsatz der weltweit größten Buchverlagsgruppe Random House konnte Bertelsmann im vergangenen Jahr um 2,1 Prozent auf 1,83 Milliarden Euro (2004: 1,79 Mrd. Euro) steigern. Dank des operativen Ergebnis von 166 Millionen Euro (2004: 140 Mio. Euro) gelang im Buchgeschäft eine Umsatzrendite von 9,1 Prozent. Die Bertelsmann Music Group (BMG) litt im vergangenen Jahr erneut unter der Krise des weltweiten Tonträgermarktes. Der Umsatz sank um 16,5 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro (2004: 2,5 Mrd. Euro). Dennoch konnte die BMG ihren operativen Gewinn um 9,3 Prozent auf  177 Millionen Euro (2004: 162 Mio. Euro) steigern. Das Ergebnis des Unternehmensbereichs BMG setzt sich zusammen aus fünfzig Prozent am Ergebnis von Sony BMG sowie aus dem Ergebnis des Musikverlagsgeschäfts von BMG Music Publishing, das zu hundert Prozent zu Bertelsmann gehört.

Die Buchclub-Sparte DirectGroup bleibt bei Bertelsmann mit nur 2,2 Prozent Umsatzrendite der Bereich mit dem geringsten Gewinn. Dank einer Reihe von Übernahmen stieg der Umsatz 2005 um 9,6 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro (2004: 2,2 Mrd. Euro). Das operative Ergebnis konnte mit 53 Millionen Euro (2004: 32 Mio. Euro) allerdings mehr als verdoppelt werden. Während das deutsche Buchclubgeschäft als problematisch gilt, gelang es den US-Buchclubs, das Ergebnis um mehr als siebzig Prozent zu verbessern.

 

 

 

Umsatz 2005
(Mio. €)

Umsatz-Anteil
2005

Op. Ebit 2005
(Mio. €)

Op.-Ebit-Anteil
2005

RTL Group

Random House

Gruner + Jahr

BMG

Arvato

Direct Group

Summe

5.112

1.828

2.624

2.128

4.365

2.384

17.890

28,5%

10,2%

14,5%

11,9%

21,6%

13,2%

100,0%

756

166

250

177

341

53

1.743

43,4%

9,5%

14,3%

10,2%

19,6%

3,0%

100,0%

 

Ü Spekulationen über GBL-Ausstieg

Von den Gewinnen der Bertelsmann AG müssen auch für das abgelaufene Geschäftsjahr wieder 120 Millionen Euro als Garantiedividende für den belgischen Minderheitsaktionär Groupe Bruxelles Lambert (GBL) überwiesen werden. GBL-Eigner Albert Frère (80) hatte Ende Januar angekündigt, seinen 25,1-Prozent-Anteil, den er 2001 gegen seine Beteiligung an der RTL Group getauscht hatte (4 siehe Artikel Aktientausch bei Bertelsmann AG), im Falle günstiger Marktbedingungen an die Börse bringen zu wollen. Nach der Bertelsmann-Hauptversammlung am 22. Mai hat Frère das Recht, jederzeit einen Börsengang zu erzwingen, den Bertelsmann anschließend binnen eines Jahres realisieren muss.

 

 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die US-Investment-Bank Goldman Sachs hatte die Bertelsmann AG im Dezember auf einen Wert von insgesamt 17,8 Milliarden Euro taxiert. Der Wert des GBL-Aktienpaketes wird auf vier bis fünf Milliarden Euro geschätzt. Die Familie Mohn, von der die Bertelsmann AG noch immer kontrolliert wird, prüft offenbar Optionen, um einen Börsengang zu verhindern. Deshalb ermittelt unter anderem die Boston Consulting Group den Verkaufswert einzelner Bertelsmann-Unternehmen. Mit dem erzielten Verkaufserlös könnten Aktien von der GBL zurück gekauft werden. Geprüft wird offenbar auch, wie Bertelsmann-Aktien nach einem Börsengang Stück für Stück wieder in den Familienbesitz übergehen können, zum Beispiel über Banken, die als „Platzhalter“ oder eine Art Treuhänder fungieren.

Ü Mohn will „keine Aktie abgeben“

Die Financial Times berichtete, Bertelsmann lasse den Verkauf des 50-Prozent-Anteils von BMG Sony prüfen, um mit dem erzielten Erlös von bis zu zwei Milliarden Euro den Rückkauf der GBL-Anteile zu finanzieren. Bertelsmann-Vorstandschef Gunter Thielen mochte bei der Bilanz-Pressekonferenz dazu keine Auskunft geben. Klarheit über einen möglichen Börsengang werde es frühestens Ende Mai geben, falls die GBL nach der Bertelsmann-Hauptversammlung ihre Pläne konkretisiere. Die Familie von Bertelsmann-Patriarch Reinhard Mohn werde, sagte Thielen, „keine Aktie abgeben“. Für die Familie bleibe es damit bei 75 Prozent der Stimmrechte.

Ü Hier finden Sie den kompletten Bertelsmann-Geschäftsbericht 2005.