Die
Nachrichtenagentur Deutscher Depeschen Dienst (ddp) hat die
Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt. Schon
vor drei Monaten war die Inhabergesellschaft SFG zahlungsunfähig. Das Unternehmen hatte bereits seit Wochen nach Investoren
gesucht, um die Liquidität zu erhalten. ddp
beschäftigt etwa 145 Redakteure, die vorerst weiter arbeiten sollen.
Der Deutsche Depeschen Dienst war 1971 von deutschen
Mitarbeitern der amerikanischen Nachrichtenagentur UPI
gegründet worden. Bereits 1983 musste ddp Konkurs anmelden und wurde für eine
Übergangszeit vom Geschäftsmann Bolko Hoffman übernommen. 1990 wurde ddp in
eine GmbH umgewandelt und übernahm 1992 die ehemalige DDR-Nachrichtenagentur
ADN. Gegen die weitaus größere und finanzstärker Deutsche Presseagentur (dpa) hatte ddp aber auch nach der
Wiedervereinigung keine Chance. Im September 1998 übernahm Leo Kirchs
Pro-Sieben-Gruppe für einen symbolischen Euro das Unternehmen, musste es im
Zuge der Kirch-Pleite aber im September vergangenen Jahres rückwirkend zum 1.
Juni 2003 auf dem Wege des Management-Buyouts an die Beteiligungsgesellschaft
SFG verkaufen, deren Mehrheitsgesellschafter die neuen geschäftsführenden
ddp-Gesellschafter Chefredakteur Lutz Schumacher und Vertriebschef Wilfried Hub
wurden.
Ü
Verhandlungen mit AFP gescheitert
Vor dem Insolvenzantrag
waren Verhandlungen mit der französischen Nachrichtenagentur AFP über eine Übernahme von ddp oder Teile des
Agenturangebotes offenbar gescheitert. AFP scheint nun nur noch am
ddp-Fotodienst interessiert, mit dem die französische Agentur bereits seit Mai
2003 kooperiert. Auch Versuche, Zeitungen komplette Seiten anzubieten, konnten
die Agentur nicht mehr retten. Die ddp GmbH hatte immer wieder nach neuen
Finanzquellen gesucht. Allein während der Kirch-Ära stieg das Defizit von 2,6 Millionen Euro im Jahr 1999 bis
2001 auf 9,9 Millionen Euro. Zwischen 1998 und 2003 machte die ProSiebenSat.1 Media AG insgesamt mehr
als 20 Millionen Euro Verlust mit dem Agentur-Geschäft.
Die
ddp-Umsätze sollen sich nach Angaben der Agentur in den vergangenen vier Jahren
auf 10,7 Millionen Euro verdreifacht haben. Zum Überleben aber fehlte ein
Überbrückungskredit in Höhe von etwa 3 Millionen Euro. Der geplante Verlust
sollte in diesem Jahr eigentlich durch Gesellschafterdarlehen überbrückt
werden. ddp teilte am 8. September mit einer Meldung in eigener Sache um 12.35
Uhr mit, in einer notariellen Vereinbarung habe der Österreicher Peter Kölbel –
ein Vertrauter des Wiener Bauunternehmers Soravia, der auch an TV München und
TV Berlin beteiligt ist – ein Darlehen von 2,5 Millionen Euro zugesagt, das
aber ebenso ausgeblieben sei wie die drei Millionen Euro, die vor fünf Monaten
der Privatmann Franz Thiel aus Beilingen (Rheinland-Pfalz) investieren wollte,
heißt es in der ddp-Erklärung. Daher sehe man sich nun gezwungen, den
Insolvenzantrag zu stellen. Ein entsprechendes Schreiben sei bereits am 7.
September eingegangen, bestätigte eine Sprecherin des Amtsgerichts
Berlin-Charlottenburg. Gesellschafter Wilfried Hub trat am 4.September als Geschäftsführer
zurück.
Ü
VWD-Angebot nicht betroffen
Trotz des
Insolvenzantrages will ddp auch weiterhin alle Produkte ohne Unterbrechung
weiterhin anbieten. Mit der vorläufigen Verwaltung ist inzwischen die Berliner
Kanzlei Leonhardt und Partner bestellt worden. ddp-Geschäftsführung und der
vorläufige Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Christian Köhler-Ma, wollen
versuchen, die etwa 300 Kunden gewohnt mit Texten aus den fünf Landes- und 21
Korrespondentenbüros zu beliefern. Zum Basisdienst der ddp gehören täglich etwa
350 Meldungen und Berichte aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur und
Vermischtes. In den kommenden Monaten, heißt es weiter in der ddp-Meldung, soll
der gesamte Geschäftsbetrieb der ddp an eine Fortsetzungsgesellschaft
übertragen werden. Das Tochterunternehmen ddp.vwd
Wirtschaftsnachrichten GmbH, ein auf Wirtschaftsnachrichten konzentriertes
Gemeinschaftsunternehmen mit der Dow-Jones-Tochtergesellschaft vwd, ist von der Insolvenz nicht betroffen.
Zurzeit arbeiten für ddp nach Angaben des Betriebsrates 145 Redakteure und
ungefähr 200 freie Mitarbeiter. Die fest angestellten Journalisten sollen ihr
Gehalt zuletzt erst verspätet ausgezahlt bekommen haben.