Die Bertelsmann AG hat im vergangenen Jahr trotz der Krise auf den Medienmärkten eine Menge Geld verdient: Das operative Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Firmenwert-Abschreibungen (Operating EBITA) erreichte 936 Millionen Euro - ein Plus von mehr als 60 Prozent! Deutschlands größter Medienkonzern hat sich so radikal wie kaum ein anderes Medienunternehmen von verlustbringenden Internetaktivitäten der New Economy getrennt. Weitere Verkäufe stehen bevor. Zur größten „Cash Cow“ im Konzern entwickelte sich das Geschäft mit TV- und Hörfunk-Programmen.

Zwar ging bei der Bertelsmann AG der weltweite Umsatz – vor allem durch die Kursschwäche des Dollar gegenüber dem Euro – erstmals seit Jahren leicht um 3,5 Prozent auf 18,3 Milliarden Euro zurück und der Jahresüberschuss sank im Vergleich zum Vorjahr um fast 30 Prozent auf 928 Millionen Euro. Dafür aber schrieben 2002 mit Ausnahme des Buchclubgeschäftes alle Bereiche schwarze Zahlen, auch die in den beiden Vorjahren ins Minus gerutschte Bertelsmann Music Group! Die Umsatzrendite des Konzerns lag bei 5,1 Prozent und soll in den kommenden beiden Jahren auf 10 Prozent gesteigert werden, vorausgesetzt die Konjunktur lässt Bertelsmann nicht im Stich.

 

Grund für die erhöhte Rentabilität war vor allem, dass die Internetverluste im Vergleich zu 2001 um 670 Millionen auf 138 Millionen Euro reduziert werden konnten. Ein Sondereffekt ergab sich auch durch den Verkauf der restlichen Anteile von AOL Europe an AOL Time Warner, der etwa 2,8 Millionen Euro einbrachte (2001: 1,4 Mrd. Euro). Die Netto-Finanzschulden von Bertelsmann betrugen im Dezember 2002 etwa 2,7 Milliarden Euro und sollen vor allem durch den geplanten Verkauf der Fachbuchsparte Bertelsmann Springer reduziert werden. Zurzeit werde mit acht Bietern verhandelt, hieß es bei der Bilanzpressekonferenz am 25. März in Berlin. Der Verkaufserlös solle bei etwa 1 Milliarde Euro liegen, verriet der Bertelsmann-Vorstandsvorsitzende Gunter Thielen bei der Präsentation der Bilanz vor Fachjournalisten.

 

Ü RTL Group als wichtiger Wachstumsmotor

 

Textfeld:  Die größte Umsatzsteigerung verbuchte Bertelsmann für das vergangene Jahr im Bereich Rundfunk, der 23 Prozent zum Gesamtumsatz beitrug (siehe Grafik). Die RTL Group, die zu etwa 90 Prozent im Besitz des Konzerns ist (Rest: Streubesitz), steigerte den Umsatz auf 4,4 Milliarden Euro (2001: 4,1 Milliarden Euro) und erzielte einen operativen Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebita) von 465 Millionen Euro, was gegenüber dem Vorjahr ein Plus von fast 21 Prozent bedeutet. Inzwischen stammt fast die Hälfte des Bertelsmann-Jahresüberschuss (ca. 44 Prozent) aus der werbefinanzierten Vermarktung von Rundfunkprogrammen und Senderfamilien.

 

 

Zu Europas größten Broadcasting-Unternehmen zählen inzwischen 23-TV-Programme und 22 Hörfunk-Stationen. Besonders erfolgreich war 2002 die RTL-Produktionstochterfirma Fremantle Media, die über eine Verwertung ihres Formates „Pop Idol“ mit TV-Programmanbietern aus etwa fünfzig Ländern verhandelt. Wichtigster Markt bleibt für die RTL Group aber Deutschland mit einem Umsatzanteil von 48,8 Prozent. Im übrigen Europa fielen 46,5 Prozent aller Umsätze an und im Rest der Welt nur 4,7 Prozent.

 

Deutlich zurück gegangen ist der Umsatz bei Europas größtem Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr, an dem die Bertelsmann AG zu 74,9 Prozent beteiligt ist (Rest: Familie Jahr). Vor allem wegen des Verkaufs der Berliner Zeitung, so hieß es, seien statt 3 Milliarde Euro (2001) im vergangenen Jahr nur noch etwa 2,8 Millionen Euro umgesetzt worden. Das Operating Ebita hingegen stieg trotz um 12,4 Prozent gesunkener Anzeigenerlöse (1,12 Mrd. Euro) auf 226 Millionen Euro (2001: 198 Millionen Euro). Grund dafür sind vor allem gesunkene Kosten, unter anderem im Personalbereich, in dem 2002 von etwa 13.000 Stellen 1.600 abgebaut wurden. Die Umsatzrendite lag bei 8,3 Prozent. Gruner + Jahr bleibt weiterhin Deutschlands Verlag mit der konsequentesten Internationalisierung, bei dem mehr als 60 Prozent des Umsatzes im Ausland erwirtschaftet werden. Zuletzt gelang auch eine Konsolidierung auf dem schwierigen amerikanischen Markt, auf dem trotz der Einstellung von Magazinen (u.a. „Home Style“) die Anzeigenumsätze um mehr als 13 Prozent gesteigert werden konnten.

 

Ü Ergebnisverbesserung bei Büchern und Tonträgern

 

Im Buchgeschäft, das unter dem Markennamen Random House geführt wird, konnte Bertelsmann den Umsatz von 2 Milliarde Euro stabilisieren und erwirtschaftete mit seinen etwa hundert Einzelverlagen 2002 ein Operating Etita von etwa 168 Millionen Euro (Vorjahr: 33 Millionen Euro). In Australien, Asien, Südafrika und Großbritannien lag die Umsatzrendite sogar bei 12 Prozent. Random House ist weltweit der größte Verlag im englischsprachigen Raum und platzierte 2002 allein in Deutschlind, Großbritannien und den USA mehr als 300 Titel auf Top-Bestsellerlisten.

 

Im Tonträgergeschäft gelang der Bertelsmann Music Group (BMG) mit ihren etwa 200 Labels nach den Krisenjahren 2000 und 2001 im vergangenen Jahr überraschend schnell ein Turnaround. Der Marktanteil weltweit konnte um etwa 2 Prozentpunkte auf fast 10 Prozent erhöht werden, in den USA betrug er sogar etwa 17 Prozent. Nach dem 2,7 Milliarden Euro teuren Kauf des Labels Zomba (ca. 1 Mrd. Euro Umsatz, etwa 1800 Mitarbeiter) dürfte der weltweite BMG-Marktanteil inzwischen auf knapp 12 Prozent gestiegen sein. „Zomba haben wir zu teuer bezahlt“, kritisierte Thielen indirekt seinen Vorgänger Middelhoff. Der Deal machte 2002 etwa 1,3 Milliarden Euro Abschreibungen erforderlich. Dennoch: Verbuchte BMG 2001 noch 79 Millionen Euro Verlust, meldete der neue Chef Rolf Schmidt-Holtz für 2002 etwa 125 Millionen Euro Plus beim Operating Ebita. Angesichts von Internet-Tauschbörsen und CD-Brennern aber bleibt das Musikgeschäft schwierig. Schmidt-Holtz setzt für die Zukunft auf strengere staatliche Gesetze, bessere Kopierschutzsysteme und sucht außerdem nach neuen Vertriebsmodellen für das Online-Geschäft.

 

Ü Minus im Buchclubgeschäft, Verkauf der Fachbuchsparte

 

Problematisch ist auch die Lage des früher äußerst profitablen Buchclub-Geschäftes von Bertelsmann. Trotz 28 Millionen Mitgliedern weltweit machten die in der DirectGroup zusammengefassten Buchclubs und angrenzende Bereiche zuletzt Verluste. Buch- und Musikclubs sowie E-Commerce bescherten Bertelsmann zwar 55 Millionen Kundenbeziehungen, aber bei 2,7 Milliarden Euro Umsatz auch etwa 150 Millionen Euro operativen Verlust. Vom verkauften Online-Buchvertrieb BOL hat sich Bertelsmann inzwischen ebenso auf Raten verabschiedet wie vom amerikanischen Unternehmen Cdnow, dessen operatives Geschäft im Wesentlichen von Amazon übernommen wurde. Erst am Tag vor der Bilanzpresskonferenz hatte Bertelsmann bekannt gegeben, das Internet-Nachrichtenportal Netzeitung rückwirkend zum 1. März an die Berliner Netzeitung Beteiligungs GmbH von Michael Maier und Ralf-Dieter Brunowsky verkauft zu haben. Der Napster-Traum ist bereits seit mehr als einem Jahr ausgeträumt.

 

Traditionell profitabel operierte im vergangenen Jahr Bertelsmanns Dienstleister Arvato, der den Umsatz um 200 Millionen Euro auf 3,7 Milliarden Euro verbessern konnte. Zu der Sparte gehören ebenso Druckerein wie CD- und DVD-Produktionsanlagen (Sonopress) oder Dienstleister für Kundenprogramme und Service-Center. Arvato trug 2002 etwa 19,3 Prozent zum Umsatz und 23,2 Prozent zum Jahresüberschuss von Bertelsmann bei. Die Fachverlagsgruppe BertelsmannSpringer macht hingegen nur noch knapp 4 Prozent des Konzernumsatzes aus und soll bis Mitte des Jahres verkauft werden, erklärte Gunter Thielen. Zum Verkaufspaket gehören 25.000 Buchtitel (u.a. Vieweg, Gabler und Westdeutscher Verlag) und 700 Zeitschriften, mit denen 2002 etwa 71 Millionen Euro Jahresüberschuss erzielt wurde.

 

Ü Hier finden Sie den kompletten Bertelsmann-Geschäftsbericht 2002.