AOL/Time Warner-Fusion
genehmigt
Federal Trade Commission knüpfte Zustimmung an
Auflagen
Von Dr. Matthias Kurp, 14.12.2000
Nach der
EU-Kommission hat auch die US-Wettbewerbsbehörde Federal Trade Commission (FTC)
der Fusion von AOL und Time Warner zugestimmt. Dem weltweit größten
Medienkonzern fehlt nun nur noch grünes Licht der Federal Communications
Commission.
Die
Megafusion hat entsprechend der aktuellen Aktienkurse und inklusive der
Schuldenübernahmen einen Gesamtwert von 126 Mrd. Dollar (280 Mrd. Mark). Der
Unternehmenszusammenschluss funktioniert nach den Gesetzen der New Economy.
Dabei entscheidet allein der Börsenwert über die Machtverhältnisse. Formell
übernimmt deshalb auch der Internet-Service-Provider America Online (AOL) den
Medienkonzern Time Warner.
AOL besitzt nämlich den größeren Börsenwert (113 Mrd. Dollar) als Time Warner (96
Mrd. Dollar). Im vergangenen Geschäftsjahr
erwirtschaftete Time Warner mit etwa 70.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 27,3
Mrd. Dollar, während AOL mit etwa 15.000 Beschäftigten nur ein Geschäftsvolumen
von 5,8 Mrd. Dollar erreichte. Beim Gewinn aber ist die Schere deutlich
geringer, erzielte AOL doch zuletzt mit 1,4 Mrd. Dollar nur knapp eine halbe
Milliarde Dollar weniger als Time Warner.
Das neue Unternehmen wird unter dem Namen AOL Time
Warner firmieren und bündelt Aktivitäten im Online-Bereich mit denen
klassischer Content-Anbieter. Die Fusion wird AOL die enormen Medieninhalte des
Time Warner-Konzerns zugänglich machen und dem Medien-Branchenführer Time
Warner die AOL-Onlinedienste öffnen und interaktives Fernsehen ermöglichen. Zum
Imperium von Time Warner gehören nach einer Kette von Übernahmen unter anderem
die amerikanischen TV-Stationen CNN
und HBO (Pay-TV), der
Musikkonzern Warner Music, die legendären Filmstudios der Warner Brothers, das
Nachrichtenmagazine Time
sowie die Zeitschriften "Fortune" und "Sports Illustrated".
Außerdem gilt Time Warner als zweitgrößter amerikanischer
TV-Kabelnetzbetreiber, der etwa ein Fünftel aller Haushalte, in New York und
Los Angeles sogar etwa die Hälfte erreicht. Doch außer dieser Mitgift bringt
der Konzern auch etwa 18 Mrd. Dollar Schulden in die neue Ehe ein. AOL verfügt
zurzeit weltweit über etwa 26 Millionen Abonnenten, die Portale von Netscape und Compuserve (2,5 Mio.
Abonnenten) sowie eine Beteiligung am Internet-Hochgeschwindigkeitsnetz
Road-Runner.
Ü
Mega-Konzern muss Zugeständnisse machen
Ähnlich wie die EU-Kommission forderte auch die Federal Trade Commission (FTC)
vom größten Medienkonzern der Welt eine Reihe von Zugeständnissen. "Unsere
Befürchtung war, dass die Fusion dieser beiden kraftvollen Firmen den Zugang
anderer Wettbewerber zu den neuen Breitband-Technologien verhindern
könnte", erklärte FTC-Chef Robert Pitofsky bei einer Pressekonferenz in
Washington. Deshalb muss AOL Time Warner sein Kabelfernsehnetz auch anderen
Internet-Serviceprovidern für den Hochgeschwindigkeitszugang öffnen. Eine
entsprechende Vereinbarung wurde bereits mit dem AOL-Hauptkonkurrenten
EarthLink getroffen. Zusätzlich müssen innerhalb von 90 Tagen entsprechende
Abkommen mit zwei weiteren Internet-Serviceanbietern erfolgen. Später sollen
entsprechende Verträge auch mit anderen Interessenten abgeschlossen werden.
Damit soll sichergestellt werden, dass Time Warner sein riesiges
Kabelfernsehnetz, das den Hochgeschwindigkeitszugang zum Internet ermöglicht,
wirklich auch AOL-Konkurrenten öffnet.
Außer der technischen Zugangsoffenheit soll auch eine
inhaltliche garantiert werden. Deshalb darf Time Warner nicht fremde
Internetservice-Firmen im Hinblick auf Inhalte und Internetdienste
diskriminieren, die an deren Kunden weiter gegeben werden. AOL muss außerdem
über Telefonleitungen übermittelte DSL-Internetdienste auch in Gebieten
anbieten, in denen Time Warner über Kabelfernsehleitungen Breitbanddienste
verteilt. Mit einer Entscheidung der für den Kommunikationssektor zuständigen Federal Communications Commission
(FCC) wird für die nächsten Wochen gerechnet.