Telekom muss Internetpauschale bieten
Regulierungsbehörde sorgt für Klärung im
Provider-Streit
Von Dr. Matthias Kurp, 16.11.2000
Die Deutsche
Telekom AG muss ihren Online-Konkurrenten zukünftig Flatrates zu zeitunabhängigen
Pauschalentgelten ermöglichen. Dabei sollen für AOL & Co. die identischen
Bedingungen gelten wie für die Telekom-Tochtergesellschaft T-Online.
Die
Bonner Regulierungsbehörde für
Post und Telekommunikation (RegTP) setzte der Telekom AG eine Frist bis zum 1. Februar 2001, um
Internet-Serviceprovidern eine so genannte Großhandels-Flatrate anzubieten. Das
erklärte der Präsident der RegTP, Klaus-Dieter Scheurle, am 16. November in
Bonn. Gleichzeitig untersagte die RegTP der Telekom, Internet-Providern
Mengenrabatte einzuräumen, in deren Genuss einzig Marktführer T-Online (6 Mio. Kunden)
kommen könne.
Während T-Online seinen Kunden für den
Internet-Zugang seit Juni eine monatliche Pauschalgebühr von 79 Mark anbietet,
konnten die meisten Konkurrenten eine solche Flatrate meist nur für einen
höheren Preis einführen. AOL
unterbot den Tarif zwar noch um eine Mark (78 Mark), allerdings ohne das
Angebot aktiv zu bewerben. Wegen des Ortsnetz-Monopols der Telekom wurden für
die Wettbewerber von T-Online die Ortsnetzverbindungen zum nächsten
Einwahlknoten bei Pauschalangeboten zu einem unkalkulierbaren Risiko.
Schließlich nutzten die Kunden eine zeitunabhängige Flatrate, während die
Provider eine nutzungszeitabhängige Vorleistung bezahlen mussten. Einige
Flatrate-Anbieter sind deshalb in den vergangenen Monaten bereits vom Markt
verschwunden.
Ü
T-Online darf keine zu günstigen Rabatte erhalten
Die Beschlusskammer 3 der Regulierungsbehörde
entschied nun, die Telekom zu einem Großhandelspreis zu verpflichten. Darüber
hinaus wurde die Telekom dazu aufgefordert, die T-Online gewährten
Mengenrabatte von bis zu 8 Prozent spätestens ab dem 15. Dezember einzustellen.
Auch tageszeitenabhängige Preisunterschiede müssen abgeschafft werden. Bislang
zahlten Telekom-Konkurrenten für ihre Leitungsverbindungen im Ortsbereich zu Spitzenzeiten
(„peak“) 1,86 Pfennige, in ruhigeren Nebenzeiten („off-peak“) 1,21 Pfennige pro
Minute. Ab 15. Dezember soll dieser Preis einheitlich bei 1,53 Pfennigen im
City-Bereich liegen und am 1. Februar bei Flatrate-Angeboten gegen die neuen
Pauschaltarife getauscht werden.
RegTP-Präsident Klaus-Dieter Scheurle erklärte vor
Journalisten, die Flatrate-Entscheidung fördere „die positiven
wirtschaftlichen, beschäftigungspolitischen und verbraucherfreundlichen
Entwicklungen des deutschen Internetmarktes“. Durch die sinkenden Preise
könnten nach Schätzungen Scheurles 100.000 bis 400.000 neue Arbeitsplätze
entstehen. AOL hatte bereits im Vorfeld der Entscheidung von der Telekom
Pauschalpreise gefordert, die Kunden-Flatrates von weniger als 50 Mark pro
Monat möglich machen sollten. Auch Bundeskanzler Schröders Staatsminister Hans
Martin Bury begrüßte die Entscheidung der RegTP. „Flatrates werden dazu
beitragen, den Zugang zum Internet zu verbreitern und zu intensivieren“,
erklärte er in Berlin.
Ü
Telekom-Protest gegen RegTP-Entscheidung
Bei der Telekom AG hingegen stieß der Beschluss auf
energische Ablehnung. „Das ist ein Pyrrhussieg für die Verbraucher“,
kritisierte Telekom-Sprecher Ulrich Lissek. Tatsächlich könnte eine Ausweitung der
Internet-Nutzung jetzt Probleme für die Telekom AG bedeuten. Werden die
schmalbandigen Leitungen noch stärker genutzt, müssen Ortsnetze und
Vermittlungsstellen kostenaufwendig nachgerüstet werden. Das dafür
erforderliche Geld hätte die Telekom AG aber lieber in die neue breitbandige
DSL-Technik investiert, mit der in einem Jahr mehr als 90 Prozent aller
deutschen Haushalte versorgt sein sollten. Kommt die DSL-Technik nun erst
später flächendeckend zum Einsatz, bekommen auch die Konkurrenten von T-Online
Probleme. Schließlich hat auch AOL bereits angekündigt, die bis zu zehn mal
schnelleren DSL-Verbindungen im Laufe des nächsten Jahres allen Kunden anbieten
zu wollen.
Ü Die Presseerklärung der RegTP gibt es auch im Internet.