Der Kölner Verlag M. DuMont Schauberg übernimmt die Mehrheit der Anteile am Verlag der Frankfurter Rundschau. Die SPD-Medienholding DDVG will zwei Jahre nach dem Einstieg beim hessischen Pressehaus ihren Anteil von neunzig auf vierzig Prozent reduzieren.

Als sich die SPD-Medienholding Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft GmbH (DDVG) im Mai 2004 für mehr als hundert Millionen Euro (inklusive Schulden-Übernahme) mit neunzig Prozent an der Frankfurter Rundschau beteiligte, war bereits angekündigt worden, dass nach der Sanierung ein neuer Gesellschafter gesucht werde (4 siehe Artikel SPD-Einstieg bei Frankfurter Rundschau). Nach monatelangen Verhandlungen scheint dieses Ziel nun erreicht: Der Verlag M. DuMont Schauberg (MDS) will fünfzig Prozent plus eine Stimme der Gesellschafteranteile am Druck- und Verlagshaus Frankfurt von der DDVG übernehmen. Zum Kaufpreis machten die Beteiligten keine Angaben. Nach Recherchen der Süddeutsche Zeitung soll das Kölner Unternehmen mehr als 35 Millionen Euro investieren müssen.

Ü Kölner gewinnen Marktanteile

Gemessen an der Auflage, ist DuMont Schauberg, das sechstgrößte Zeitungshaus in Deutschland und kommt bei der Abonnementpresse auf etwa vier Prozent Marktanteil. Durch die Übernahme der Frankfurter Rundschau (FR) gehört zu dem Kölner Zeitungshaus außer den Blättern Kölner Stadt-Anzeiger, Kölnische Rundschau, Express und Mitteldeutsche Zeitung nun auch einer der großen überregionalen deutschen Zeitungstitel. Die Karl-Gerold-Stiftung hält weiterhin zehn Prozent der Anteile am Verlagshaus der Frankfurter Rundschau. Nach Angaben von FR-Geschäftsführer Jens Berendsen will die DDVG dauerhaft Minderheitsgesellschafter der Zeitung bleiben.

Textfeld: Chronik der Frankfurter Rundschau (FR)
01.08.1945: Erscheinen der ersten Ausgabe.
15.04.1946: Karl Gerold (SPD) wird Gesellschafter und leitet die Zeitung von 1954 bis zu seinem Tod 1973.
1973: Gründung der Karl-Gerold-Stiftung als alleinige Eigentümerin des Druck- und Verlagshauses Frankfurt.
2002: Der Verlag gerät wirtschaftlich ins Schlingern.
15.04.2003: Das Land Hessen übernimmt eine Bankbürgschaft für die FR.
12.05.2004: Die SPD-Medienholding DDVG übernimmt 90 Prozent der Verlagsanteile.
18.07.2006: Der Verlag DuMont Schauberg teilt mit, die Mehrheit der Anteile zu übernehmen.
 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die Schulden der Frankfurter Rundschau waren 2004 auf mehr als siebzig Millionen Euro geschätzt worden. Im vergangenen Jahr schrieb das Druck- und Verlagshaus Frankfurt operativ etwa zehn Millionen Euro Verlust. Der DDVG-Jahresabschluss 2004 wies 80 Millionen Euro Rundschau-Schulden aus. Die Sanierung, zu der auch der Verkauf des Verlagsgebäudes zählte, ist trotz zahlreicher Stellenstreichungen nicht abgeschlossen. Seit dem Jahr 2000 wurde die Mitarbeiterzahl von 1650 auf 730 (Ende 2005) bereits mehr als halbiert. Bis Ende 2007 besteht für alle FR-Mitarbeiter nach Angaben des Verlages auf Grund bestehender Vereinbarungen Kündigungsschutz, falls die wirtschaftliche Lage nicht anderes erzwingt. Im Gegenzug hatten die Mitarbeiter Einbußen in Höhe von insgesamt einem Jahresgehalt hinnehmen müssen.

Ü Weitere Einsparungen erforderlich

Die Verhandlungen gestalteten sich offenbar vor allem wegen betriebswirtschaftlicher Risiken schwierig. So könne zum Beispiel der Axel-Springer-Verlag als Druckkunde der FR-Druckerei bei einem Eigentümerwechsel den Vertrag aufkündigen, berichteten Wirtschaftsblätter. Ohne die Druckaufträge für Bild am Sonntag und Welt am Sonntag müsste die ohnehin nicht komplett ausgelastete Druckerei um ihre Rentabilität fürchten. Zumindest aber hat Springer nun gute Chancen, die Vertragskonditionen zum eigenen Vorteil neu auszuhandeln. In Frankfurt wird außerdem ein Teil der Handelsblatt-Auflage gedruckt.

Ihre linksliberale Ausrichtung soll die FR behalten dürfen. „M. DuMont Schauberg hat sich ausdrücklich mit der publizistischen Linie einverstanden erklärt“, berichtete DuMont-Schauberg-Sprecherin Cornelia Seinsche. Zwischen ihrem Unternehmen und der DDVG bestehe allerdings Einigkeit, dass noch ein „deutliches Kostensenkungsprogramm“ umgesetzt werden müsse. Zwischen den Partnern seien gemeinsame Kostenziele und -potentiale festgelegt worden, die man momentan nicht weiter erläutern wolle.

Ü Verkauf im September abgeschlossen

DuMont Schauberg erwirtschaftete 2004 einen Umsatz von 511,8 Millionen Euro und beschäftigte 3.064 Mitarbeiter. „Nach dem Verlust von 21 Millionen Euro im Jahr 2002 und einem kleinen Gewinn im Jahr danach, erzielte die Unternehmensgruppe 2004 einen Überschuss von 32,9 Millionen Euro“, heißt es im eigenen Online-Porträt des Verlagshauses. Für das Jahr 2005 wurden noch keine Zahlen veröffentlicht. Seit ein paar Wochen gehört der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) dem Aufsichtsrat von DuMont Schauberg an.

Die Übernahme muss noch vom Bundeskartellamt geprüft werden. Da DuMont aber weder auf dem Frankfurter Markt noch bei der überregionalen Presse über eigene Titel verfügt, fällt das Übernahmevorhaben nicht in den Bereich der Pressefusionsklausel des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Mit der formellen Übertragung der Anteile rechnen die Unternehmen für September.