Mit der Übernahme der Hamburger Verlagsgruppe Milchstraße durch den Münchener Verleger Hubert Burda (Focus, Bunte) nimmt die Medienkonzentration auf dem deutschen Zeitschriftenmarkt weiter zu. Möglich wurde die Expansion des süddeutschen Print-Konzerns, weil sich die italienische Mediengruppe RCS Media Group aus der Burda Rizzoli Verlagsbeteiligungen GmbH zurückzog, die seit Ende 1995 an Zeitschriften der Verlagsgruppe Milchstraße beteiligt war.

Die Verlagsgruppe Milchstraße des Hamburger Verlegers Dirk Manthey gründete in den 90-er Jahren mit „TV Spielfilm“ (Auflage: 1.811.578 Exemplare) und „Max“ (Auflage: 181.138 Exemplare), „Fit for Fun“ (Auflage: 249.365 Exemplare) und „Amica“ (Auflage: 205.069 Exemplare) in kürzester Zeit vier erfolgreiche Titel und machte seitdem den vier großen deutschen Publikumszeitschriften-Verlagen Gruner + Jahr, Bauer, Springer und Burda mächtig Konkurrenz. Möglich wurde die Expansion des norddeutschen Kleinverlages, der seine Wurzeln im Geschäft mit Kino- und Filmtiteln hat („Cinema“), 1989 durch den Einstieg des italienischen Medienhauses RCS (Rizzoli Corriere della Sera Group), das Großaktionären wie Fiat oder Pirelli gehört.

Ende 1995 schloss RCS mit dem Münchener Burda-Verlag eine weltweite Kooperation und gab die Hälfte seiner Milchstraßen-Beteiligungen an die Hubert Burda Media ab. Die Italiener benötigten dringend Geld, nachdem sie unter anderem Verluste mit einer Beteiligungsfirma in Hollywood gemacht hatten. Einige Beteiligungen an einzelnen Titeln hielt Burda direkt („Tomorrow“), andere über die Burda Rizzoli Verlagsbeteiligungen GmbH (BRV), die je zur Hälfte dem Burda-Konzern und der Mailänder Mediengruppe RCS gehörten. Die 50 Prozent Anteile des italienischen Unternehmens hat Burda jetzt ganz erworben. Die Burda Media AG hatte ein Vorkaufsrecht für den Fall, dass die Italiener sich von ihren Anteilen trennen würden. Nach Angaben der RCS Media Group soll Burda 28 Millionen Euro gezahlt haben.

Ü Manthey mit Minderheitsanteil

Die Verlagsgruppe Milchstraße erreicht mit ihren Zeitschriften mehr als zehn Millionen Leser (Media-Analyse II/2004), hat 430 Mitarbeiter und erzielte im Jahr 2003 einen Umsatz von 160 Millionen Euro, wovon etwa zwei Drittel von „TV Spielfirm“ erwirtschaftet werden. Zum Burda-Verlag gehören durch die Übernahme außerdem die Titel „Amica“, „Max“, „Cinema“ (Auflage:146.045 Exemplare) und „Tomorrow“. Nur an „Fit for Fun“ bleibt Manthey weiterhin mit 20 Prozent beteiligt.

 

Titel

Auflage

Gesellschafter

Amica

205.069

100% Burda Rizzoli Verlagsbeteiligungen

Cinema

146.045

100% Burda Rizzoli Verlagsbeteiligungen

TV Spielfilm

1.811.578

80% Burda Rizzoli Verlagsbeteiligungen

20% Burda Holding International

Fit for Fun

249.365

80% Burda Rizzoli Verlagsbeteiligungen

20% Dirk Manthey (will Manthey behalten)

Max

181.138

75% RCS Media Group

25% Dirk Manthey

Tomorrow

90.850

80% Burda Holding International

20% Dirk Manthey

Mit der Medien- und Werbemarktkrise büßten die früher äußerst profitablen Milchstraßen-Titeln in den vergangenen Jahren zunehmend an Strahlkraft ein. Seit 2001 verlor der Verlag fast ein Drittel seines Umsatzes (ca. 60 Mio. Euro). Titel wie „Max“ oder „Tomorrow“ (Auflage: 90.850 Exemplare) werden 2004 erneut rote Zahlen schreiben. Anfang 2001 wurde der Monatstitel „Max“ auf zweiwöchiges Erscheinen umgestellt, verlor dadurch einen großen Teil der Auflage, verwandelte sich Ende 2002 wieder zum Monatsblatt und hat sich von diesem Manöver nie recht erholen können. Zurzeit arbeiten nur noch etwa zwanzig fest angestellte Journalisten in der Hamburger „Max“-Redaktion. Die Verkaufsauflage sank von einst mehr als 300.000 Heften auf etwa 180.000. 75 Prozent der „Max“-Anteile gehörten seit März 2003 Rizzoli, den Rest besaß Dirk Manthey.

Ü Burda auf dem Weg zum Marktführer

Die Verhandlungen mit Rizzoli hatten sich über etwa zwei Jahre hingezogen. „Es wird wie immer bei solchen Verhandlungen auch um den Preis gegangen sein, aber Details kann ich dazu nicht sagen”, sagte ein Burda-Sprecher. „Die Zeitschriften ergänzen das Portfolio von Hubert Burda Media optimal“, begründete Hubert Burda den Milchstraßen-Kauf am 23. Dezember in München. Die Verlagsgruppe Milchstraße soll im Hause Burda künftig in den Zuständigkeitsbereich von Helmut Markwort fallen. Und der kündigte an, „erstens, die journalistische Qualität der Titel zu erhalten, zweitens die Synergie mit Hubert Burda Media zu nutzen und drittens Kosten zu senken“. Eine Folge davon dürften vor allem Stellenstreichungen im Hamburger Verwaltungsbereich sein. Im kommenden Jahr sollten ohnehin noch einmal zehn Millionen Euro eingespart werden, vor allem bei Sach- und Maketingkosten. Das defizitäre Computer-Lifestyle-Magazin „Tomorrow“ soll nach Recherchen von Spiegel Online zu einem Joint-Venture mit dem Münchner Vogel-Verlag („Chip“) werden.

Ü Marktanteile Publikumszeitschriften 2004

1) Januar-September 2004, 2) 2003

Für Hubert Burda Media bedeutet die Übernahme der Milchstraßen-Titel einen deutlichen Umsatzsprung von etwa 1,5 Milliarden Euro auf fast 1,7 Milliarden Euro. Die Umsatz-Rendite aus den Milchstraßen-Titeln betrug früher einmal etwa 15 Prozent, wird inzwischen aber nur noch auf drei bis vier Prozent geschätzt. Stimmt das Bundeskartellamt zu, ist das Münchener Verlagshaus Hubert Burda Media AG, gemessen am Umsatz, etwa so groß wie die Hamburger Verlagsgruppe Bauer. Beim Werbemarktanteil könnte Burda mit fast 19 Prozent dank der Milchstraßen-Umsätze sogar zum Marktführer im Bereich der Publikumszeitschriften avancieren. Einwände seitens der Kartellbehörden erwartet Burda trotzdem nicht. „Wir halten uns selbstverständlich an die kartellrechtlichen Regeln und gehen davon aus, dass es keine juristischen Probleme geben wird”, teilte ein Unternehmenssprecher mit.