Kölner Zeitungskrieg: kein Gratisblatt-Stopp

Oberlandesgericht gab Schibsted-Verlag Recht

 

 

Von Dr. Matthias Kurp, 15.05.2001

 
 

 

 

 

 

 

 


Kostenlose Zeitungen sind weder wettbewerbswidrig noch gefährden sie die Pressefreiheit. So lautet das jüngste Urteil des Oberlandesgerichtes im Kölner Zeitungskrieg.

 

Das vom norwegischen Schibsted-Verlag herausgegebene Gratisblatt 20 Minuten Köln darf weiter erscheinen. Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln urteilte am 11. Mai zugunsten der Rechtmäßigkeit von kostenlosen Tageszeitungen. Damit scheiterte der Kölner Verlag M. DuMont Schauberg (Kölner Stadt-Anzeiger, Kölnische Rundschau, Express) mit dem Versuch, die ungeliebte Gratis-Konkurrenz als wettbewerbswidrig verbieten zu lassen. In dem Urteil (Aktenzeichen 6 U 151/00) heißt es, von Schibsteds Gratisblatt 20 Minuten gehe für den Kölner Raum keine „Bestandsgefährdung des Kölner Pressewesens“ aus.

Der Verlag DuMont Schauberg hatte in der Klageschrift argumentiert, bei Händlern, die in einer Entfernung von bis zu 100 Metern von den Entnahmekästen der Gratiszeitung liegen, sei für das Boulevardblatt Express ein Umsatzrückgang von bis zu 20 Prozent festgestellt worden. Bei den beiden Grossisten, von denen die Zeitungen des Verlags vertrieben werden, wären die Umsätze um 15 bzw. 16,5 Prozent zurückgegangen. Die Kiosk-Umsatzeinbußen bei den Abonnementzeitungen Kölner Stadt-Anzeiger und Kölnische Rundschau sollen zwischen 15 und 20 Prozent liegen.

Ü Gratisblatt „20 Minuten Köln“ weder wettbewerbs- noch sittenwidrig

Die Richter am Kölner Oberlandesgericht mochten in den sinkenden Auflagen noch keinen Beleg für eine Existenzgefährdung erkennen. Schließlich würden außer Schibsted auch der Verlag DuMont Schauberg (Kölner Morgen) und der Axel Springer Verlag (Extra) Gratisblätter herausgeben, so dass die Einbußen der etablierten Anbieter auch von ihnen selbst mitverursacht sein könnten. Da DuMont Schauberg noch keine Belege dafür erbringen konnte, dass die publizistische Qualität von Stadt-Anzeiger, Rundschau und Express wegen der Konkurrenz gesunken sei, sah das Gericht „keinen Anlass zu der Annahme, der Bestand des Kölner Pressewesens sei infolge der wirtschaftlichen Betätigung der Beklagten ernstlichen Gefahren ausgesetzt“.

Dass sich Gratisblätter zu 100 Prozent aus Werbung finanzieren, hielt das Gericht weder für wettbewerbswidrig noch – wie der Bundesverband der Zeitungsverleger – für „sittenwidrig“. Schließlich finanzierten sich die Kaufzeitungen auch zu 50 bis 70 Prozent aus Anzeigen. Rückgänge im Anzeigengeschäft der etablierten Anbieter, so führte das Gericht aus, seien vom Kläger „nicht vorgetragen“ worden, so dass für Köln die Pressevielfalt höher eingestuft wurde als der Bestandsschutz der Verlage DuMont Schauberg und Axel Springer.

DuMont-Verlagssprecher Hasso von Bülow hat bereits angekündigt, sein Unternehmen strebe nun ein Verfahren vor dem Bundsgerichtshof an. Der Axel Springer Verlag klagt derweil vor dem Berliner Kammergericht gegen Schibsted. Ein Urteil dort wird aber erst für Februar 2002 erwartet.