Disney zahlt hohen Preis für Pixar

Apple-Chef Steve Jobs wird zum wichtigsten Disney-Aktionär

 

 

Von Dr. Matthias Kurp, 26.01.2006

 
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Der US-Medienkonzern Walt Disney will das Trickfilm-Studio Pixar kaufen und dafür 7,4 Milliarden Dollar in Aktien bezahlen. Stimmen die Aufsichtsgremien zu, könnte Disney dank der Pixar-Erfolge wieder zum Marktführer der Trick-Branche werden. Pixar wurde durch Produktionen wie „Findet Nemo“ oder „Toy Story“ berühmt. Die Fusion soll bis zur Jahresmitte realisiert werden.

Disney und Pixar kooperieren bereits seit 1991. Seitdem übernimmt der traditionsreiche Medienkonzern jeweils die Hälfte der Finanzierung aller Pixar-Filme und streicht als Gegenleistung fast zwei Drittel der Vertriebserlöse ein. Außerdem wurden sämtliche Pixar-Erfolge wie „Toy Story“, „Monsters Inc.“ oder „The Incredibles“ gegen eine hohe Pauschale von etwa zehn Prozent von Disney vertrieben. Wie wichtig die Pixar-Kooperation für Disney war, zeigt, dass 2004 allein der Erlös aus den Homevideo-Geschäft (inklusive DVD) zum Pixar-Streifen „The Incredibles“ knapp zwei Drittel des Disney-Gewinns im Filmgeschäft ausmachte. Angesichts des im Juni auslaufenden Kooperationsvertrages und fehlender eigener Trickfilm-Erfolge entschied sich Disney zur Übernahme der Junior-Partners. Der Kaufpreis liegt 26-mal höher als der Pixar-Jahresumsatz 2005 (0,28 Mrd. Dollar) und gilt als Beweis dafür, dass Disney große Stücke auf die Computer-animierten Pixar-Streifen hält.

Textfeld: Disney und Pixar 2005 im Vergleich

	Disney	Pixar
Umsatz 	31,9 Mrd. $	  0,3 Mrd. $
Gewinn 	  2,8 Mrd. $	0,14 Mrd. $
Börsenwert	   48 Mrd. $	     7 Mrd. $
Umsatzrendite	7,9%	51,4%
Mitarbeiter	133.000	775
 

 

 

 

 

 


Ü Konkurrenzkampf mit Dreamworks

Disneys Umsatz lag im vergangenen Jahr mit knapp 32 Milliarden Dollar mehr als hundert mal höher als der von Pixar. Doch die kalifornischen Trickkünstler aus Emeryville weisen nach aktuellen Schätzungen eine Umsatzrendite von mehr als fünfzig Prozent auf. Mit „Findet Nemo“, „The Incredibles“ („Die Unglaublichen”), „Monsters Inc.“) („Monster AG“) und „Toy Story 2“ platzierte Pixar gleich fünf Filme unter den zehn Trickfilmen mit den weltweit höchsten Einspielergebnissen. Bisher startet etwa alle 18 Monate eine neue Pixar-Produktion. Größter Konkurrent war in den vergangenen Jahren nicht etwa Trickfilm-Pionier Disney, sondern Dreamworks. Das Unternehmen, zu dessen Gründern und Eigentümern auch Steven Spielberg gehörte, wurde im Dezember 2005 vom US-Medienkonzern Viacom übernommen. Dreamworks realisiert etwa einen neuen Film pro Jahr und erzielte 2004 mit „Shrek 2“ das höchste Einspielergebnis, das je mit einem Trickfilm erreicht wurde (921 Mio. Dollar).

Textfeld: Die erfolgreichsten Zeichentrickfilme weltweit

	Titel	Studio	Jahr	Ergebnis
01	Shrek 2	Dreamworks	2004	921 Mio. $
02	Findet Nemo	Pixar	2003	865 Mio. $
03	König der Löwen	Disney	1994	784 Mio. $
04	Die Unglaublichen	Pixar	2004	631 Mio. $
05	Madagascar	Dreamworks	2005	528 Mio. $
06	Monster AG	Pixar	2001	525 Mio. $
07	Aladin	Disney	1992	504 Mio. $
08	Toy Story 2	Pixar	1999	485 Mio. $
09	Shrek	Dreamworks	2001	484 Mio. $
10	Tarzan	Disney	1999	448 Mio. $
Quelle: Box Office Mojo
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Ü Steve Jobs führt bei Disney Regie

Zu den großen Gewinnern der Disney-Übernahme zählt einer, der eigentlich aus der Computer-Branche stammt: Apple-Chef Steve Jobs, dem 50,6 Prozent der Pixar-Gesellschafteranteile gehören. Als der Apple-Pionier 1986 kurzzeitig bei Apple entmachtet war, hatte er für etwa zehn Millionen Dollar ein Studio für Computeranimationen gekauft, das er Pixar nannte. Als dem Unternehmen 1995 mit „Toy Story“ – dem ersten ausschließlich per Computer produzierten Trickfilm – ein Welterfolg gelang, brachte Jobs die Firma an die Börse. 2005 verdiente Pixar bei einem Umsatz von 273,5 Millionen Dollar netto 141,7 Millionen Dollar und hatte Mitte Januar 2006 einen Börsenwert von etwa 6,7 Milliarden Dollar (Disney: ca. 48 Mrd. Dollar). Da Disney die Studios von Pixar auf dem Weg des Aktientauschs übernehmen soll, wird Steve Jobs, der seine mit etwa drei Milliarden Dollar bewerteten Pixar-Anteile eintauscht, mit einer Beteiligung von etwa sieben Prozent zum größten Disney-Gesellschafter und deshalb auch zum Aufsichtsratsmitglied.

Disneys große Erfolge liegen weit zurück. Seit dem „König der Löwen“ (1994) fehlt ein durchschlagender Kassenschlager. Bei den erfolgreichsten Computer-animierten Trickfilmen rangieren die Disney-Produktionen „Dinosaurier“ (2000) und „Chicken little“ (2005) in der Liste der in den USA umsatzstärksten Filme mit jeweils etwa 135 Millionen Dollar nur auf den Plätzen 13 und 14. Pixars „Findet Nemo“ erzielte etwa ein drei mal höheres Einspielergebnis, „The Incredibles“ und „Monsters Inc.“ waren doppelt so erfolgreich wie der Film „Chicken Little“, der unter dem Titel „Himmel und Huhn“ gerade auch in Deutschlands Kinos startet.

Ü Ein Unternehmen, zwei Studios

Insgesamt sollen die Pixar-Aktionäre für jedes ihrer Wertpapiere 2,3 Disney-Aktien erhalten. Außerdem gehören zur Transaktion Pixar-Barmittel in Höhe von etwa 1,1 Milliarden Dollar, wodurch die Kaufsumme entsprechend reduziert wird. Disney will in Kürze eigene Aktien im Wert von 400 Millionen Dollar zurückkaufen, um gegen Übernahmen gewappnet zu sein. Die Leitung der Pixar-Disney-Studios soll Pixar-Mitbegründer und -Präsident Ed Catmull übernehmen. Pixar-Kollege und Kreativ-Chef John Lasseter ist designierter Chief Creative Officer der kombinierten Trickfilm-Studios, die weiterhin Filme unter beiden Marken herstellen sollen.

Disney und Pixar zusammen könnten eine für Computer-animierte Trickfilme äußerst wertvolle Kaskade unterschiedlicher Wertschöpfungsstufen aufbauen. Trickfilme oder Videospiele sollen via Internet und TV-Kabelnetze nicht nur auf Fernsehbildschirme übertragen werden, sondern auch auf Heimcomputer, Apples iPods, auf Handys und Spielkonsolen. Die Disney-Trickzeichner sollen weiterhin in Burbank bei Los Angeles produzieren, Pixars Zentrale bleibt, so sehen es die Pläne vor, in Emeryville. Zu einer wichtigen Klausel des Vertrages hat Disney die Bedingung gemacht, dass Catmull und Lasseter dem Unternehmen erhalten bleiben. Außerdem muss der Abgang von sieben wichtigen Kreativen und Regisseuren – darunter „Nemo“-Regisseur Andrew Stanton und „Monster“-Regisseur Peter Docter – verhindert werden. Andernfalls könnte die Fusion noch scheitern.