An den deutschen Kinokassen wurde 2003 mit 149 Millionen verkauften Karten nur noch das Niveau von 1999 erreicht. 2002 waren nach Angaben der Filmförderungsanstalt in Berlin noch etwa 15 Millionen mehr Kinobesuche gezählt worden. Mit 850 Millionen Euro wurden im vergangenen Jahr etwa 110 Millionen Euro weniger an den Kinokassen eingespielt als 2002. Dies ist auch auf die um 2,7 Prozent auf 5,70 Euro pro Kinokarte gesunkenen Eintrittspreise zurückzuführen.

Die deutsche Filmwirtschaft hat ein Produktionsvolumen von etwa 380 Millionen Euro pro Jahr (Weltmarkt: 60 Milliarden Euro), das zu mehr als der Hälfte mit Mitteln aus der Filmförderung gespeist wird (4 siehe auch Artikel Filmförderung erreicht Rekord-Niveau). Etwa jedes zweite Unternehmen der ungefähr 450 deutschen Produzenten erwirtschaftet weniger als eine halben Million Euro Jahresumsatz, etwa 200 erzielen zwischen 0,5 und 5 Million Umsatz jährlich und nur etwa zwei Prozent der Kinofilmproduzenten setzen mehr als 5 Million Euro pro Jahr um. Mehr als 90 Prozent der Unternehmen produzieren nur einen Film pro Jahr.

Ü Dramatischer Besucher-Rückgang

Die Zahl der verkauften Eintrittskarten in den deutschen Kinos ist 2003 im Vergleich zu 2002 um 9 Prozent zurückgegangen. Weniger große Besucherrückgänge wurden aus Frankreich (minus 5%), Italien (minus 2%) und Großbritannien (minus 1%) gemeldet. Ausschlaggebend dafür, so ist sich die Branche sicher, sei außer dem warmen Sommer vor allem die stark wachsende Verbreitung von DVD-Rekordern und -Playern. Der DVD-Markt wuchs 2003 um etwa 9 Prozent und liegt vom Umsatz her inzwischen etwa auf dem Niveau der Kinobranche. Problematisch sind vor allem die zahlreichen illegalen digitalen Film-Kopien: Schon kurz nach der Uraufführung neuer Filme finden sich auf dem Schwarzmarkt erste digitale Kopien von ihnen. Allein für das Jahr 2002 wurde der daraus resultierende wirtschaftliche Schaden auf 354 Millionen Euro geschätzt  Sowohl beim Umsatz als auch bei der Zahl der Kinobesuche lässt sich seit zwei Jahren für Deutschland ein rückläufiger Trend beobachten:

 

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

2003

Kinobesucher (Mio.)

149,0

163,9

177,9

152,5

149,0

148,9

143,1

149,0

Kino-Umsatz (€)

850,0

960,1

987,2

824,5

808,1

818,2

750,9

850,0

Kino-Unternehmen

 

1203

1177

1200

1173

1189

1210

 

durchschn. Eintrittspreis (€)

5,70

5,86

5,55

5,41

5,42

5,50

5,25

5,70

Marktanteil deutscher Filme

17,5%

11,9%

18,4%

12,5%

14,0%

9,5%

17,3%

17,5%

 

Die Hälfte der Kosten für eine Kinokarte in Deutschland entfällt durchschnittlich auf die Filmmiete, bis zu 15 Prozent bleiben als Gewinn. Weitere Kosten resultieren aus Personal (12,5%), Gebäudepacht (8%), Steuern (7%), Marketing (4%) und Gebühren an die Filmförderungsanstalt (2,2%).

Die Zahl der Beschäftigten in der deutschen Filmwirtschaft wird auf etwa 40.000 geschätzt. Die Summe aller Filmförder-Gelder in Deutschland liegt bei mehr als 220 Millionen Euro. Dies bedeutet eine Subventionierung pro Arbeitsplatz um 5000 Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Die deutsche Steinkohleförderung wurde 2003 (2004: 2,2 Mrd. Euro) bei etwa ebenso vielen Arbeitsplätzen jährlich mit 3,3 Milliarden Euro staatlicher Mittel bezuschusst, was einer Förderung pro Arbeitsplatz von 75.000 Euro entspricht.

Ü USA dominieren den Weltmarkt

Im weltweiten Vergleich bleibt Deutschland ein Film-Entwicklungsland: Im vergangenen Jahr entstanden in Deutschland achtzig Spielfilme und 27 Dokumentarfilme. 2002 wurden 84 deutsche Kinofilme uraufgeführt (2001: 83) und damit deutlich weniger als zum Beispiel in Frankreich (200), Italien (103) oder Spanien (98). In den USA werden pro Jahr mehr als 400 Produktionen gezählt, von denen viele mit deutschem Geld finanziert werden (4 siehe auch Artikel Medienfonds als „Stupid German Money“). Die meisten Filme pro Jahr werden in Indien hergestellt (mehr als 800), allerdings spielen die meisten davon im Ausland keine Rolle. Japan meldet etwa 300 und Hong Kong ungefähr 200 neue Produktionen pro Jahr. Die USA dominieren den Filmmarkt auch bei den Investments in diese Branche, die dort bei 12 Milliarden Euro liegen, während in Europa weniger als ein Viertel dieser Summe an Film-Investments getätigt wird.

Der US-Filmmarkt ist vor allem deshalb so erfolgreich, weil der Heimmarkt mit 280 Millionen Menschen bereits die Refinanzierung der Investitionen sichert. Exporte und andere Verwertungsstufen (Kabelfernsehen, DVD etc.) sichern schließlich die Gewinne. In Europa hingegen verlassen 85 Prozent aller Produktionen nie ihr Ursprungsland! Vergleicht man Lizenzentgelte, die für ausländische Filme (meist aus den USA) gezahlt werden müssen, mit den Lizenzerlösen deutscher Filme, die im Ausland erzielt werden, ergibt sich ein jährliches Handelsbilanz-Defizit von 800.000 Millionen Euro. Für die deutsche Lizenz eines amerikanischen Kinofilms zahlen die Verleiher bis zu 10 Prozent der Herstellungskosten.

Ü Dramatischer Besucher-Rückgang

Der große amerikanische Heimatmarkt macht es auch möglich, dass deutlich teurer als in Europa produziert werden kann. So lag das durchschnittliche Budget pro Film 2002 in den USA bei 58,8 Millionen Dollar, in Deutschland kosten die Filme durchschnittlich 5 Millionen Euro. Zum Vergleich: Das teuerste deutsche Projekt war mit etwa 40 Millionen Euro Produktionskosten „Resident Evil“ (2002). In den USA kosteten Filme wie „Titanic“ oder „Pearl Harbor“ mehr als 150 oder 200 Millionen Dollar. „Terminator 3“ soll nach Branchenschätzungen 200 Millionen Dollar gekostet haben plus 40 Millionen Dollar für das Marketing. Durch die hohe Zuschauerzahl im Heimatland, die englische Sprache, die in so vielen Nationen der Welt gesprochen wird, wie keine andere, und durch die konsequente Orientierung an Stoffen mit geringer Affinität zu Partikularkulturen erzielen amerikanische Kinofilme Einspielergebnisse, die weltweit führend sind:

Ü Weltweite Einspielergebnisse der erfolgreichsten Filme

Titel

Einspielergebnis
(Mio. Dollar)

Titanic (1997)

1835

Harry Potter und der Stein der Weisen (2001)

966

Star Wars Episode I (1999)

922

Der Herr der Ringe – Die zwei Türme (2002)

921

Jurassic Parc (1993)

920

Quelle: Variety

 

Ü Erfolgreichste US-Einspielergebnisse der ersten vier Tage

Titel

Einspielergebnis
 (Mio. Dollar)

Matrix Reloaded (2003)

1368

Spiderman (2002)

125

Star Wars Episode II (2002)

110

Der Herr der Ringe – Die zwei Türme (2002)

101

Harry Potter, Teil 2 (2002)

95

Quelle: Variety

 

Ein großer Unterschied ergibt sich auch bei den Marketingausgaben pro Film: Während der statistische Mittelwert in diesem Bereich in den USA bei 31 Millionen Dollar liegt, werden in Deutschland pro Film nur knapp 1 Million Euro ins Marketing investiert. Die dominante Position von US-Filmen führt dazu, dass die meisten der in Deutschland erstaufgeführten Spielfilme aus Hollywood stammen. 2002 waren es 123, während nur 84 Produktionen aus Deutschland kamen. Bei den Marktanteilen wird die wirtschaftliche und auch kulturelle Hegemonie der US-Filmwirtschaft noch stärker deutlich: 83 Prozent aller Kinokarten wurden 2002 für US-Filme gekauft, während die deutschen nur knapp 12 Prozent Marktanteil an den Kinokassen verbuchten. 

Ü Die erfolgreichsten deutschen Kinofilme 1990-2003

Filmtitel (Jahr)

Besucher (Mio.)

Der Schuh des Manitu (2001)

11,7

Otto – der Film (1985)

8,8

Der bewegte Mann (1994)

6,6

Otto – der neue Film (1987)

6,4

Good Bye, Lenin! (2003)

6,4

Der Name der Rose (1986)

5,9

Die Unendliche Geschichte (1984)

5,4

Männer (1985)

5,2

Werner – Das muss kesseln (1996)

5,0

Werner – Beinhart (1990)

4,9

...

Das Wunder von Bern (2003)

3,5

 

International spielen deutsche Filme kaum eine Rolle. Caroline Links Auslands-Oskar für „Nirgendwo in Afrika“ war 2003 seit Volker Schlöndorffs Erfolg mit „Die Blechtrommel“ 1979 der erste für einen deutschen Spielfilm. Beim renommierten Filmfestival in Cannes war zehn Jahre lang kein deutscher Film im Wettbewerb.

Ü Film-Export bleibt ein Sorgenkind

Dass von deutschen Filmen im Ausland kaum Notiz genommen wird, liegt vor allem an der Sprache. Amerikaner zum Beispiel mögen weder Synchronisation noch Untertitel. Zu den wenigen deutschen Filmen, die auch in den USA gut zu vermarkten waren, zählen „Das Boot“ als erfolgreichster deutscher US-Export und Tom Tykwers HipHop-Märchen „Lola rennt“, das mehr als sieben Millionen Dollar einspielte. Der Oskar-Preisträger „Nirgendwo in Afrika“ erzielte in den USA den Erlös von etwa 6 Millionen Euro und konnte in mehr als siebzig Länder verkauft werden. „Bella Martha“ führte in den Vereinigten Staaten immerhin zu fast 4 Millionen Euro Kino-Umsatz und konnte in 56 Ländern vermarktet werden. Solche Erfolge aber sind die Ausnahme. Zum Hindernis auf den Weg ins Ausland werden zunehmend auch die TV-Lizenzen. Da viele Produktionen von TV-Programmanbietern mitfinanziert werden, die sich auch die Rechte reservieren, verlieren sie für den Export an Bedeutung. Um einen besseren internationalen Absatz deutscher Filme zu erreichen, soll die bestehende Export Union (ExU) in die German Films Marketing und Service GmbH umgewandelt werden.

Ü „Good bye, Lenin“

Die beiden erfolgreichsten deutschen Produktionen waren „Good bye, Lenin” und „Das Wunder von Bern”. Wolfgang Beckers „Good bye, Lenin“ lockte 6,5 Millionen Menschen in die Kinos und wurde in mehr als siebzig Länder verkauft. Mit insgesamt neun Auszeichnungen war „Good Bye, Lenin!“ der große Gewinner bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises 2003. In Großbritannien erzielte die von X Filme und WDR/arte produzierte Ostalgie-Komödie mit mehr als 1 Millionen Pfund Einspielergebnis den größten Erfolg eines deutschen Films aller Zeiten und war auch in Frankreich (730.000 Zuschauer, 3,9 Mio. € Einspielergebnis) und Italien (1,4 Mio. € Einnahmen) sehr erfolgreich. In Frankreich und Israel führte der deutsche Film vorübergehend die Besucher-Charts an und wurde in Frankreich als größter Kassenerfolg des Jahres 2003 aus Europa mit der „Trophäe des europäischen Films“ ausgezeichnet. Ende Februar startet der Film in den amerikanischen Kinos und erreichte in den USA sogar Nominierungen für „Golden-Globe“ und „Oscar“, zuvor hatte er unter anderem beim Europäischen Filmpreis in sechs Kategorien gewonnen und den Publikumspreis des Bayerischen Filmpreises erhalten. Außerdem wurde Wolfgang Beckers Opus jüngst in Frankreich als bester Film der Europäischen Union mit dem „Cesar“ ausgezeichnet. „Good Bye, Lenin!“ hatte in Deutschland bis Ende des Jahres 2003 etwa 40 Millionen Euro eingespielt, weltweit sogar etwa 65 Millionen Euro. Die Produktionskosten lagen bei nur 4,8 Millionen Euro. Das Projekt wurde unter anderem von der Filmstiftung NRW mit 871.000 Euro (inklusive Verleih) gefördert.

Ü „Das Wunder von Bern“

Der Film „Das Wunder von Bern“ von Sönke Wortmann kam mit einem Budget von 7,5 Millionen Euro aus und erreichte inzwischen in Deutschland etwa 3,5 Millionen Zuschauer. „Das Wunder von Bern“ wurde von Wortmanns Firma Little Shark und der Senator Film Produktion hergestellt und mittlerweile in 29 Länder verkauft, z.B. nach Griechenland, Japan, Argentinien oder Mexiko. Die Produktionskosten lagen bei 7,9 Millionen Euro. Das Projekt wurde unter anderem von der Filmstiftung NRW mit mehr als 2,5 Millionen Euro (inklusive Verleih) gefördert. Beim Film-Festival in Locarno gewann der Film den Publikumspreis.

 

Ü Siehe auch folgende Artikel:   1 Filmförderung erreicht Rekord-Niveau

                                           1 Medienfonds als „Stupid German Money“