Das Bundeskartellamt hat die geplante Übernahme der Kabelnetze in Nordrhein-Westfalen (Ish), Baden-Württemberg (Kabel BW) und Hessen (Iesy) durch die Kabel Deutschland GmbH (KDG) abgemahnt. Eine endgültige Entscheidung soll bis zum 7. Oktober fallen und dürfte davon abhängen, ob es KDG gelingt, den Wettbewerbshütern Optionen für eine Öffnung des TV- und Internet-Marktes zu garantieren. Bis zum 8. September bleibt dem Kabel-Unternehmen Zeit, entsprechende Zugeständnisse zu machen.

 

Nach mehrfacher Ermahnung durch die EU-Wettbewerbskommission hatte die Telekom AG Ende der 90-er Jahre damit begonnen, ihr TV-Kabelnetz auszugliedern, den Verkauf aber immer wieder hinausgezögert. Nachdem vor zwei Jahren eine Veräußerung an das US-Unternehmen Liberty Media am Veto der Kartellwächter gescheitert war (4 siehe Artikel Kartellamt zeigt Liberty gelbe Karte), erhielt im März 2003 die Kabel Deutschland GmbH für etwa 1,7 Milliarden Euro den Zuschlag für die Kabelnetze in allen Bundesländern mit Ausnahme von Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen, wo bereits zwei Jahr zuvor private Investoren die Netze übernommen hatten (6 siehe Grafik unten). Nach wirtschaftlichen Problemen wurden sich schließlich im Frühjahr 2004 die kleineren Anbieter Kabel BW (Baden Württemberg), Ish (Nordrhein-Westfalen) und Iesy (Hessen) mit KDG handelseinig und strebten einen Verkauf ihrer Kabel für etwa 2,7 Millionen Euro an (4 siehe Artikel Kabel Deutschland will das Monopol). Diese Fusion steht nun beim Kartellamt auf dem Prüfstand.

Ü Kartellamt sieht Wettbewerb in Gefahr

Der „weitgehend unkontrollierte Verhaltensspielraum“, über den KDG bereits verfüge, würde durch die beabsichtige Fusion mit den drei anderen Gesellschaften „weiter verstärkt“, argumentierte Kartellamtspräsident Ulf Böge. Dies betrifft nach Ansicht der Wettbewerbshüter vor allem die Einspeisung von Angeboten der TV-Programmanbieter. Das Kartellamt sieht auch Gefahren durch die von KDG betriebene Ver- und Entschlüsselung von digitalen TV-Programmen. Dabei hat die Behörde vor allem Bedenken gegen eine Verschlüsselung von Programmen im frei empfangbaren Fernsehen. In diesem Zusammenhang hatten sich im Vorfeld auch Vertreter fast aller deutschen Free-TV-Programmanbieter kritisch geäußert und deshalb bislang einer Einspeisung ihrer Angebote in die digitalen KDG-Netze noch nicht zugestimmt. Wenn der Empfang von Free-TV nur noch über die von KDG zertifizierten Boxen möglich sei, wäre der Kunde zum Erwerb eines solchen Geräts gezwungen, bemängelte das Kartellamt.

 

Das Bundeskartellamt hat den betroffenen Unternehmen am 23. August seine Bedenken gegen den Zusammenschluss von Kabel Deutschland mit den drei Kabelgesellschaften in Hessen (Iesy), Nordrhein- Westfalen (Ish) und Baden-Württemberg mitgeteilt. Entscheidend für die Bedenken der Kartellwächter ist offenbar, dass die Behörde dem Kabel-Monopol nur zustimmen will, wenn im Gegenzug eine Belebung des breitbandigen Internet-Marktes via Kabelfernsehen zu erwarten ist. Das Kartellamt geht nun allerdings davon aus, dass die KDG der Telekom zugesagt habe, ihr im Geschäft mit schnellen Internetzugängen (TDSL) keine Konkurrenz zu machen. Tatsächlich hat sich KDG im Gegensatz zu Ish, Iesy und Kabel BW beim Aufrüsten der TV-Kabelnetze für Internet-Zugänge bislang merklich zurückgehalten. In der etwa achtzig Seiten umfassenden Abmahnung des Bundeskartellamtes heißt es: „Es besteht der Verdacht, dass mit verschiedenen Regelungen in den bei der Veräußerung vereinbarten Verträgen, insbesondere den Mietverträgen, ein Wettbewerbsverbot zwischen KDG und Deutscher Telekom vereinbart wurde, das die Nutzung der übernommenen Kabelnetze für Internet zumindest erheblich erschwert.“

Ü Keine Konkurrenz im Internet-Geschäft?

Die Telekom hat die Vorwürfe der Wettbewerbshüter bereits dementiert. Ein Wettbewerbsverbot für das Internet-Geschäft sei mit Kabel Deutschland nicht vereinbart. „Die Verträge mit KDG sehen keine Einschränkung der Geschäftsaktivitäten vor“, teilte ein Telekomsprecher in Bonn mit. Es gebe auch keine Nebenvereinbarungen, in denen ein solches Verbot festgeschrieben sei. Bei einer Pressekonferenz am 24. August in Bonn sagte Kartellamts-Chef Ulf Böge, seine Behörde habe zu dem möglichen Wettbewerbsverbot „noch keine abschließende Meinung“. Mit der Telekom würden darüber „offene Gespräche“ geführt.

 

Wie die KDG-Zugeständnisse aussehen müssten, die das Kartellamt noch zum Einlenken bewegen könnten, ließ Ulf Böge bei der Pressekonferenz in Bonn offen. Zur Frage, ob ein Verzicht auf die von KDG geplante Grundverschlüsselung von kostenlosen TV-Programmen und eine offene Plattform bei den geplanten Set-Top-Boxen die Fusion noch möglich machen könnte, sagte er: „Ein Teil der Probleme wäre damit sicher hinfällig.“ KDG vertritt den Standpunkt, eine Grundverschlüsselung sei zwingend geboten, und will damit die Verbraucher zum Kauf von Decodern motivieren, mit denen schließlich auch gebührenpflichtige Angebote vermarktet werden könnten. RTL, Sat.1 & Co. befürchten hingegen, künftig für das Einspeisen in Kabelnetze Geld zahlen zu müssen und haben Angst, dass Pay-TV-Programme auf Dauer ihre Werbeeinnahmen bedrohen.

 

Ü Verkauf des deutschen TV-Kabelnetzes

Region

Haushalte

Verkauf

zum ...

Käufer/Verhandlungspartner der Kabel Deutschland GmbH

Verkauf von ... (Preis)

Nordrhein-Westfalen

4,2 Mio.

01.07.2000

Callahan Associates International LLC

55%
(3,7 Mrd. €)

Hessen

1,3 Mio.

01.07.2000

Klesch & Company Limited

65%
(1,4 Mrd. €)

Baden-Württemberg

2,2 Mio.

01.09.2001

Callahan Associates International LLC

60%
(1,2 Mrd. €)

16.07.2003

Private-Equity-Investoren unter der Führung von The Blackstone Group, CDP Capital-Communi-cations und Banc of America Equity Partners

100%
(???)

Bayern

2,5 Mio.

01.03.2003

Goldmann Sachs, Apax & Providence

100%
(1,75 Mrd. €)

Rheinland-Pfalz, Saarland

1,0 Mio.

Niedersachsen,
Bremen

1,9 Mio.

Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern

1,6 Mio.

Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen

1,3 Mio.

Berlin, Brandenburg

2,0 Mio.