Die Kabel Deutschland GmbH (KDG) will auch die TV-Netze in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen übernehmen. Stimmen die Kartellbehörden zu, könnte das ehemalige Telekom-Kabelnetz, das zwischen 2000 und 2002 an regional tätige Investoren verkauft wurde, wieder in eine Hand geraten. Aus Verhandlungskreisen wurde ein Kaufpreis von 1,4 Milliarden Euro für das nordrhein-westfälische Kabelnetz Ish und von insgesamt 1,3 Milliarden Euro für die Unternehmen Iesy (Hessen) und Kabel BW (Baden Württemberg) bekannt.

 

Mit einer endgültigen Entscheidung rechnet die Kabel Deutschland GmbH erst für Ende des Jahres. Bis dahin müssten außer dem Kartellamt auch die Gesellschafter von Ish noch grünes Licht geben. Nachdem die Ish-Muttergesellschaft Callahan Kabel NRW GmbH im Herbst 2002 nur knapp einer Pleite entgangen war, sitzen bei der nordrhein-westfälischen Kabelgesellschaft die Gläubigerbanken am Ruder. Sie konnten damals eine Pleite nur mit einem Forderungsverzicht in Höhe von 200 Millionen Euro und einer Finanzspitze von 115 Millionen Euro abwenden und sind seit Anfang 2003 neue Ish-Eigentümer. Einige dieser 36 Banken, von denen mindestens drei Viertel der Fusion zustimmen müssen, möchten offenbar ihre Ish-Beteiligung gegen KDG-Anteile tauschen.

Ü KDG hofft auf 8 Millionen zusätzliche Haushalte

Mehr als die Hälfte der TV-Zuschauer empfangen ihre Programme in Deutschland via Kabel. Bei einer erfolgreichen Übernahme von Kabel BW (2,3 Mio. Kabelhaushalte), Iesy (1,3 Mio. Haushalte) und Ish (4,2 Mio. Haushalte) könnte die Kabel Deutschland GmbH (10,1 Mio. Haushalte) die Zahl der von ihr versorgten Haushalte auf knapp 18 Millionen aufstocken. Davon würde jedoch nur etwa ein Drittel unmittelbar von KDG-Kabeln erreicht, während die übrigen Haushalte an den Netzen von kleineren Anbietern hängen, die allerdings von der KDG mit der Programmzuführung versorgt werden. Anders als im Februar 2002 – damals scheiterte eine Übernahme der deutschen TV-Kabelnetze durch Liberty Media am Veto der Wettbewerbshüter (4 siehe Artikel Kartellamt zeigt Liberty gelbe Karte) –, will die Kabel Deutschland GmbH weder eigene Programme veranstalten noch einen eigenen technischen Standard etablieren. Mit diesem Argumenten wirbt KDG-Chef Roland Steindorf zurzeit um Vertrauen. Die Direktoren der Landesmedienanstalten warnen dennoch vor dem neuen Monopol. „Einen Fortschritt kann man das nicht nennen“, kommentierte Norbert Schneider, Direktor der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen, das drohende Monopol im Kabelnetz.

Textfeld: Netzbetreiber	Bundesländer	Haushalte	Eigentümer
Kabel Deutschland	Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen	10,1 Mio.	Apax, Goldmann Sachs Capital, Providence Equity
Ish	Nordrhein-Westfalen	4,2 Mio.	Deutsche Bank, Citigroup und 34 weitere Banken
Kabel BW	Baden-Württemberg	3,1 Mio.	Blackstone und weitere Finanzinvestoren
Iesy	Hessen	1,25 Mio.	Apollo, Pequot Capital
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Um die Kartellbehörden milde zu stimmen, verweist KDG darauf, dass auch jetzt schon kein echter Wettbewerb zwischen den einzelnen Kabelnetzbetreibern herrsche, da alle in eigenen Regionen agieren. Die Wirklichkeit aber dürfte anders aussehen: Fällt erst einmal die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Angebote und Tarifsysteme weg, sind Preiserhöhungen vom Marktgeschehen losgelöst und leichter durchsetzbar. Dass die Kosten für die Kabelversorgung in Zukunft steigen werden, ist unbestritten: Schließlich müssen die TV-Netze dringend digitalisiert und mit Rückkanälen ausgestattet werden. Kabel Deutschland, das im Besitz eines Konsortiums der Investmenthäuser Goldman Sachs, Apax und Providence Equity (jeweils 32 Prozent) und des Managements (4 Prozent) ist, will dafür in den kommenden drei Jahren nach eigenen Angaben etwa 500 Millionen Euro investieren. Für den optimalen Ausbau der Kabelnetze aber reicht das noch lange nicht. Pläne für Breitband-Internet oder Telefonie via TV-Kabel wurden einstweilen auf Eis gelegt. Vielleicht besorgt sich Kabel Deutschland das dafür nötige Geld demnächst mit einem Börsengang. Den jedenfalls kann sich KDG-Chef Steindorf für 2005 „durchaus vorstellen“.

Ü Digital-Pakete sollen Einnahmen steigern

Wie das investierte Geld wieder eingespielt werden könnte, wird am neuen Digital-TV-Paket der Kabel Deutschland GmbH deutlich, das seit dem 2. April mit einigen digitalen TV- und 45 Hörfunkprogrammen angeboten wird (4 siehe Artikel Kabel Deutschland startet Digital-Paket). Nach dem Kauf einer mindestens hundert Euro teuren Set-Top-Box und gegen eine einmalige Freischaltgebühr von 25 Euro (ursprünglich waren 50 bis 60 Euro geplant) erhalten KDG-Kunden den Zugang zur digitalen TV-Welt jenseits einer KDG-Grundverschlüsselung. Noch gehören zum Paket zwar die öffentlich-rechtlichen Angebote sowie Premiere, mit RTL, Sat.1 & Co. aber konnten die Anbieter noch keine Einigung erzielen, weil die Free-TV-Programmmacher jegliche Grundverschlüsselung ablehnen. Dennoch, so kündigte Kabel Deutschland an, sollen bis zum Jahresende 300.000 Digital-Kunden geworben werden. Zu empfangen ist das neue Angebot zurzeit nur von den etwa 3,5 Millionen Haushalten, die direkte KDG-Kunden sind. Mit den übrigen Betreibern der so genannten Netzebene 4 (4 Grafik: professionelle NE-4-Betreiber) will Kabel Deutschland in den nächsten Wochen eine Einigung erzielen.

 

Textfeld: 4Kabelnetz-Struktur in Deutschland
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Ob das Konzept für die digitale TV-Zukunft aufgeht, bleibt zweifelhaft. Dass digitale Angebote via Kabel nicht automatisch zum Selbstläufer werden müssen, hat in Nordrhein-Westfalen Ish feststellen müssen. Das seit November angebotene Digital-Paket Ish Plus (56 digitale TV- und 47 Audio-Programme) wurde erst von etwa 5000 Haushalten abonniert, obwohl bereits etwa 1 Million Haushalte ans digitale Kabel angeschlossen wurden. Trotz des mäßigen Starts hofft Ish-Chef James Bonsall auf mehr als 30.000 Digital-Verträge bis zum Jahresende. Um darüber hinaus Neukunden zu gewinnen, hat sein Unternehmen den Preis für Kabel-Neuanschlüsse von 695 auf 149 Euro gesenkt. Voraussetzungen sind ein Jahresvertrag und eine maximale Entfernung zwischen Haus und offenem Versorgungsgraben von zehn Metern.

 

4 Weitere Daten zum TV-Kabelmarkt finden Sie im Download-Bereich Daten & Fakten.