Endlich Bewegung im Kabelgeschäft
Klesch und Liberty Media verhandeln mit der Telekom
AG
Von Dr. Matthias Kurp, 27.02.2001
Die
Deutsche Telekom will die Mehrheit ihrer sechs verbliebenen regionalen
TV-Kabelnetze an Klesch-Liberty Media verkaufen. Eine Absichtserklärung wurde
bereits unterzeichnet.
Noch gibt
es nur eine Absichtserklärung, spätestens Mitte des Jahres aber, so erklärte
die Deutsche Telekom AG, soll
der Kaufvertrag unterschrieben sein. Dann sollen Klesch and Company (London)
und Liberty Media
(Colorado, USA) in den sechs Regionen Bayern, Berlin/Brandenburg,
Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg Vorpommern, Niedersachsen/Bremen,
Rheinland-Pfalz/Saarland sowie Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen jeweils 55
Prozent der Anteile von der Kabel Deutschland GmbH übernehmen. Die Kabel Deutschland
GmbH ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Telekom AG und wurde am
1. Januar 1999 gegründet, um das Telekom-Kabelnetz auszugliedern. Das
Unternehmen ist der Betreiber für die überregionale deutsche TV-Kabelstruktur.
Klesch-Liberty Media will aus dem derzeit noch
analogen TV-Netz ein rückkanalfähiges digitales Kabelnetz machen, das sowohl
Telefongespräche und Internet-Zugang als auch Pay-TV ermöglicht. Nach Angaben
der Telekom sind in den sechs Regionen, für die Klesch-Liberty Media den
Zuschlag erhielt, mehr als 10 Millionen Haushalte an das Kabelnetz
angeschlossen. Überraschend an dem Vertrag ist, dass die Telekom AG auch eine
Beteiligung am Kabelnetz von Berlin und Brandenburg zulässt, das ursprünglich
nicht verkauft, sondern allein von der Telekom-Tochtergesellschaft Kabel
Berlin-Brandenburg GmbH & Co KG betrieben werden sollte.
Die Europäische Union hatte vom ehemaligen
Telekom-Monopolisten bereits 1999 verlangt, sein TV-Kabelgeschäft zu verkaufen,
um nicht sowohl auf dem Telefon- als auch auf dem Fernsehkabel-Markt eine
marktbeherrschende Stellung zu behaupten. Die Telekom hatte daraufhin mit
Unterstützung des Londoner Bankhauses N M Rothschild & Sons das
Kabelgeschäft aus dem Konzern ausgegliedert und immer wieder mit Investoren verhandelt,
an die Anteile der neun regionalen Kabelnetz-Gesellschaften verkauft werden
sollten. Im vergangenen Jahr war das hessische Kabelnetz (1,3 Mio. Haushalte)
zu 65 Prozent an Klesch & Company Limited verkauft worden. An den Netzen in
Nordrhein-Westfalen (4,2 Mio. Haushalte) und Baden-Württemberg (2,2 Mio.
Haushalte) beteiligte sich zu je 55 Prozent Callahan Associates
International LLC.
Während zunächst die Telekom die Kaufverhandlungen
nicht gerade forciert hatte, gab es später bei den Investoren
Finanzierungsprobleme. Schließlich haben sich sowohl Callahan als auch Klesch
im Grunde auf das Geldeinsammeln für Großprojekte spezialisiert, ohne über
Mittel aus eigenen Kerngeschäften zu verfügen. Jetzt aber scheint Klesch mit
Liberty Media einen finanziell potenten Partner gefunden zu haben, der die
finanziellen Mittel zur Verfügung stellt.
Die
Liberty Media Gruppe gehört dem amerikanischen Medienmogul John Malone, der
unter anderem 9 Prozent der Anteile am Medienkonzern Time Warner und 8 Prozent
an Rupert Murdochs News Corporation besitzt. Der Mann, der 1999 seine
amerikanische Kabelfirma TCI für 54 Milliarden Dollar an AT&T verkaufte,
besitzt außerdem 24 Prozent am amerikanischen Telekom-Anbieter Sprint und ist
auch am Amsterdamer Kabelnetz-Anbieter United Pan-Europe Communications (UPC). UPC wiederum hatte
selbst lange mit der Telekom AG über eine Kabelnetz-Beteiligung verhandelt und
besitzt in den Niederlanden einen Marktanteil von etwa 40 Prozent. In Zukunft
wird Malone die erworbenen deutschen Kabelnetz-Anteile wahrscheinlich operativ
eng an UPC anbinden.
Über den Kaufpreis mochten sich die neuen Partner
nicht äußern. Handelsblatt
und Die Welt berichteten „aus
unternehmensnahen Kreisen“, der Preis liege bei etwa 10 Milliarden Mark. Die Financial Times Deutschland
nannte einen Preis von „über 2 Milliarden Dollar“. Für den Verkauf der Netze in
Nordrhein-Westfalen und Hessen hatte die Deutsche Telekom AG im vergangenen
Jahr nach eigenen Angaben insgesamt etwa 6 Milliarden Mark erlöst.
Aus einer Telekom-Presseerklärung geht hervor, dass
den neuen Kabelnetz-Betreibern im Kaufvertrag auch eine „Option auf weitere 20
Prozent minus einer Stimme“ eingeräumt werden soll. Damit behielte die Telekom
zwar die Sperrminorität, will aber dennoch die operative Führung allein
Klesch-Liberty Media überlassen. Das britisch-amerikanische Konsortium will
außerdem Anteile an der MediaServices GmbH (MSG) sowie an dem Deutsche Telekom
Kabel-Service (DeTeKS) übernehmen. Strategisch wichtig ist dabei vor allem die
MSG, die für die Verschlüsselung und Kundenbetreuung beim digitalen Fernsehen
zuständig ist. Damit würde die Telekom AG ihre dominierende Position auf der Infrastruktur-Ebene
fürs Kabel-TV endgültig verlieren.
Mit dem am 23. Februar angekündigten Netz-Verkauf hat
die Telekom drei Tage vor Ablauf der Kartellamt-Prüfungsfrist auch ihre
strategische Ausgangsposition für ein anderes Geschäft verbessern können. Das Bundeskartellamt
will jetzt nämlich noch einmal die von der Telekom angestrebte 51%-Beteiligung an Kirchs Unternehmen BetaResearch überprüfen.
Ende Januar hatten die Wettbewerbshüter ursprünglich signalisiert die fürs
Pay-TV wichtige BetaResearch-Ehe von Telekom und Kirch-Gruppe zu
untersagen. Als Grund dafür galt unter anderem die dominierende Position der
Telekom im TV-Kabelgeschäft. Damit aber könnte es ab Sommer vorbei sein.
Deshalb verlängerte das Kartellamt die Prüffrist jetzt bis zum 25. Juli.