PrimaCom unterliegt im Kabelstreit

Urteil des Landegerichtes Leipzig

 

 

Von Dr. Matthias Kurp, 29.11.2000

 
 

 

 

 

 

 

 


Der Kabelnetzbetreiber PrimaCom darf die Fernsehprogramme Pro7, Kabel 1, TM3 und DSF im Leipziger Kabelnetz nicht mehr ausschließlich digital und kostenpflichtig verbreiten. Das hat unter Androhung eines Ordnungsgeldes das Landgericht Leipzig entschieden.

 

Das Gericht begründete seine Entscheidung am 29. November damit, dass PrimaCom das Urheberrecht der Anbieter verletzt habe. Ursache für den Rechtsstreit war, dass PrimaCom Ende August in zunächst 800 Leipziger Haushalten die Programme Pro 7, Kabel 1, Super RTL, TM3, Eurosport, DSF, n-tv, N24 sowie MTV und Viva nur in einem digitalen Standardpaket oder sogar in digitalen Pay-TV-Zusatzangeboten vermarktete. Nachdem zunächst die Leipziger Baugenossenschaft als Eigentümerin der 800 Wohneinheiten mit einem Gerichtsurteil die PrimaCom-Pläne verhindert hatte, wollte auch die ProSiebenSat.1 Media AG für die vier betroffenen Angebote von Pro 7, Kabel 1, DSF und TM3 mit einem Musterprozess Rechtssicherheit erlangen.

Ü Präzedenzfall für Wettbewerb im Kabel-TV-Bereich

Der Leipziger Kabelstreit dürfte Präzedenzcharakter haben. Schließlich suchen alle neuen Kabelnetzgesellschaften nach erfolgreichen Geschäftsmodellen, um das mit Milliarden-Beträgen aufzurüstende digitale TV-Kabel in eine Goldgrube zu verwandeln. Da käme eine Pay-TV-Vermarktung bereits bestehender Angebote vielen Netzbetreibern gerade recht. Doch die Leipziger Richter sahen das ganz anders. Der Kabelnetzbetreiber hätte nach Ansicht des Gerichts mit den Programmanbietern Verträge abschließen müssen, um die Programme digital zu vermarkten. Andernfalls aber müssten sich privat-kommerzielle TV-Stationen nicht auf eine digitale Verbreitung einlassen. Schließlich hätten Fernsehveranstalter als Urheber alleine darüber zu entscheiden, welche Kabelnetzbetreiber ihre Programme zu welchen Bedingungen in welche Netze einspeisen dürfen.

Das PrimaCom-Geschäftsmodell zur Vermarktung digitaler Kabelnetze scheint nun erst mal gescheitert. Urs Rohner, Vorstandsvorsitzender der ProSiebenSat.1 Media AG, sah sich durch das Urteil in seiner Auffassung bestätigt, „dass neue Kabelmarktmodelle nicht zu Lasten und auf Kosten der privaten Fernsehwirtschaft eingeführt werden dürfen“. Doch mit der Entscheidung des Landgerichts dürfte der Streit noch nicht beigelegt sein. PrimaCom-Vorstandsmitglied Hans Wolfert hatte bereits vor der Urteilsverkündung betont, im Fall einer Niederlage eine Revision anzustreben. Die Primacom AG ist mit etwa 1,8 Millionen angeschlossenen Haushalten und zur Zeit 1,23 Millionen Kunden – davon etwa 70.000 in Leipzig –einer der größten Kabelnetz-Betreiber in Deutschland.