E-Commerce-Kunden, die bei gewerblichen Anbietern etwas ersteigern, können Artikel künftig innerhalb von 14 Tagen zurückschicken. Dieses Widerrufsrecht folgt aus einem Urteil des Bundesgerichtshofes. Die Richter entschieden am 3. November in einem Grundsatzurteil, Kunden müssten bei Online-Versteigerungen so geschützt werden wie bei normalen Kataloggeschäften auch.

Auslöser für die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) war ein Kunde, der via eBay für 252,51 Euro ein „wunderschönes Diamant-Armband in 14 Karat Gold“ (Original-Beschreibung) ersteigert hatte. Nach Erhalt der Ware stellte sich jedoch heraus, dass das Gold nur plattiert war, was lediglich im Kleingedruckten von eBay zu lesen war. Als der Kunde sein Widerrufsrecht geltend machen wollte, akzeptierte dies der Juwelier nicht, klagte erst beim Amtsgericht Rosenheim, dann beim Landgericht Traunstein und zog schließlich mit einer Revisionsklage vor den Bundesgerichtshof.

Der achte Zivilsenat des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe urteilte nun in letzter Instanz, dass Kunden des Internet-Auktionshauses eBay Geschäfte mit gewerblichen Händlern innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen wieder rückgängig machen dürfen. Die Richter beriefen sich auf eine Bestimmung im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 312d BGB), die seit dem Jahr 2000 ein 14-tägiges Widerrufsrecht einräumt, wenn der Kauf per Internet, Telefon oder Postkarte abgeschlossen wurde. In dem BGH-Grundsatzurteil (Az.: VIII ZR 375/03) heißt es, grundsätzlich würden die Regeln für den so genannten Fernabsatz auch bei Online-Auktionen gelten, der Kunde müsse also bei Versteigerungen über das Internet so geschützt werden wie etwa bei Kataloggeschäften. Denn auch bei Internet-Auktionen könne der Kunde die Ware erst sehen, wenn sie bei ihm eintreffe. Die verbraucherfreundliche Fernabsatz-Regelung gelte jedoch nur bei Geschäften mit gewerblichen Verkäufern, die Schätzungen zufolge für etwa ein Drittel der eBay-Angebote verantwortlich sind. Das Urteil hat demnach keine Folgen für Auktionen zwischen Privatleuten, die nach Angaben von eBay den größten Teil der Online-Versteigerungen unter sich ausmachen.

Ü eBay bietet keine echte Versteigerung

Die Richter stellten überraschend fest, dass die eBay-Verkäufe im eigentlichen Sinne gar keine Versteigerungen sind. Denn bei Online-Auktionen gibt ein Händler ein Angebot ab, und der Käufer, der am Ende das höchste Gebot abgegeben hat, nimmt damit das Angebot an. Bei einer Versteigerung ist es genau umgekehrt: Der Höchstbietende macht das Angebot und der Versteigerer entscheidet, ob er den Zuschlag gibt. Der eBay-Vertrag komme also nicht per Zuschlag, sondern wie bei einem ganz normalen Kauf durch Angebot und Annahme zustande, weil nicht der Auktionator, sondern der Zeitablauf über den Zuschlag entscheide.

„Ausnahmen vom Verbraucherschutz sind eng auszulegen“, sagte die vorsitzende Richterin Katharina Deppert zur Begründung. Schließlich könne der Käufer bei Online-Auktionen die Ware genauso wenig in Augenschein nehmen wie bei anderen Fernabsatz-Geschäften auch. Grundsätzlich müssen Händler nun damit rechnen, dass Kunden ihre ersteigerten Produkte auch im Nachhinein noch zurückgeben können. „Alle Verträge, die nach dem 2. November 2002 geschlossen worden sind, sind betroffen“, erklärte BGH-Sprecher Wolfgang Krüger. Grundsätzlich gilt das Fernabsatz-Widerrufsrecht vierzehn Tage lang, wenn der Händler seinen Kunden vorab über die Widerrufmöglichkeit informiert hat. Weil dies bei eBay bislang nicht der Fall war, könnten Käufer nun auch vor längerer Zeit ersteigerte Waren zurückgeben.

Textfeld: 4eBay-Erfolgsbilanz
Ende des vergangenen Quartals zählte eBay weltweit 125 Millionen registrierte Nutzer, 46 Prozent mehr als im dritten Vierteljahr 2003. Von den „eBay-Usern“ waren 51,7 Millionen aktive Nutzer, also solche, die geboten, gekauft oder verkauft haben. Die deutsche eBay-Handelsplattform wird derzeit von 15,7 Millionen registrierten Kunden genutzt. Im Angebot sind regelmäßig etwa vier Millionen verschiedene Artikel. Allein von Juli bis September wurden Waren im Gesamtwert von mehr als 1,3 Milliarden Euro (ca. 20 Prozent des weltweiten eBay-Volumens) gehandelt. In Deutschland, so lauten aktuelle Schätzungen, verdienen inzwischen mehr als 10.000 Menschen mit eBay ihren Lebensunterhalt. Im vergangenen Jahr machte das eBay-Handelsvolumen in Deutschland mit 5 Milliarden Dollar bereits etwa 30 Prozent des gesamten E-Commerce-Umsatzes aus und dürfte in diesem Jahr sogar 40 Prozent erreichen. Im Internet ersteigerte Waren machen in Deutschland inzwischen etwa 1 Prozent des gesamten Handels aus.
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


eBay begrüßte die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, denn sie sorge für Rechtssicherheit, teilte das Unternehmen mit. Außerdem erhöhe der verbesserte Verbraucherschutz die Attraktivität des Online-Marktplatzes. Schon bisher hatten viele gewerbliche Händler bei den eBay-Auktionen freiwillig ein Rückgaberecht eingeräumt. Etwa ein Drittel der Angebote gewerblicher Händler sei deshalb bereits jetzt mit dem Widerrufsrecht versehen, sagte ein Sprecher von eBay. Sowohl Verbraucher als auch Händler profitierten grundsätzlich von der Klarstellung des Gerichts.

Ü Überwiegend positive Reaktionen

Zustimmung zur BGH-Entscheidung kam auch aus dem Verbraucherschutzministerium. Es sei ein „wichtiger Schritt hin zu mehr Verbraucherschutz im Internet“, lobte der Parlamentarische Staatssekretär Matthias Berninger (Bündnis 90/Die Grünen). Patrick von Braunmühl, Wirtschaftsexperte des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, wies jedoch darauf hin, es sei oft schwierig zu entscheiden, ob ein Anbieter Händler sei oder als Privatverkäufer auftrete. Auch die Beweisfrage sei kompliziert. Allerdings gebe es Indizien: Wer nur Neuwaren anbiete und große Volumen ins Netz stelle, dürfte gewerblich handeln. Das gelte vor allem für die so genannten Powerseller, für die eBay ein besonderes Programm aufgelegt hat. Zu den Powersellern zählen nach Ebay-Angaben etwa 5000 Anbieter, die pro Monat mindestens 3000 Euro Umsatz erzielen oder mindestes 300 Artikel verkaufen.