Neues Urheberrecht soll Raubkopien verhindern

Musikindustrie setzt vorerst auf Aufklärung: freundliche E-Mails statt Klagewelle

 

 

Von Dr. Matthias Kurp, 20.09.2003

 

 

 

Seit einer Woche gilt das neue Gesetz zur Regelung des Urheberechts in der Informationsgesellschaft. Doch viele, die es betrifft, ahnen noch immer nichts davon: die Nutzer von Musik-Tauschbörsen im Internet und die Anwender von CD-Kopierprogrammen. Die Industrie will mit dem neuen Gesetz verhindern, dass auch weiterhin allein in Deutschland pro Minute durchschnittlich 1200 Musikdateien (illegal) aus dem Netz geladen werden.

Die Bundesregierung hat mit der Neuregelung des deutschen Urheberrechtsgesetzes die EU Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft umgesetzt. Das Gesetz zur Regelung des Urheberechts in der Informationsgesellschaft verbietet seit dem 13. September das Anbieten und Herunterladen gesetzlich geschützter Musikstücke via Internet ebenso wie das Vervielfältigen kopiergeschützter CDs (§ 95a). Wer dennoch solche CDs – selbst zu privaten Zwecken – kopiert, riskiert eine Schadenersatzklage.

Fachzeitschriften, die weiterhin Tricks zur Umgehung des Kopierschutzes geben, droht eine Anzeige, und das Programm Clone CD wurde in Deutschland bereits vom Markt genommen. Zu den Software-Angeboten mit inzwischen verbotenen Mechanismen zum Knacken des Kopierschutzes gehören außerdem folgende Software-Produkte: Alcohol 120%, Davideo 3, DVD Copy Suite, DVD Ripper Kit, Movie Jack 3 und Smart Ripper. Weil die Plattenlabels dem Austausch ihrer Musikstücke in der Regel nicht zugestimmt haben, machen sich auch all jene strafbar, die Musikdateien über Tauschbörsen beziehen.

 

Ü In Deutschland vorerst keine Klagen

 

Während in den USA bereits etwa 260 Privatpersonen wegen des Anfertigens von Raubkopien verklagt wurden, will der deutsche Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft zunächst einmal eine weiche Linie verfolgen. Seit ein paar Tagen erhalten Online-Nutzer, die mit besonders großen Angeboten bei den Internet-Tauschbörsen präsent sind, eine schriftliche Mahnung per E-Mail. Dabei können die Verfasser der virtuellen Verwarnung ausgerechnet die Mail-Funktiion der Napster-Nachfolger nutzen, die eigentlich von Tauschbörsen zur Kommunikation ihrer Mitglieder untereinander eingerichtet worden waren.

Sollte die Aufklärungskampagne des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft nicht fruchten, behält sich der Verband eine regelrechte Klagewelle vor. Alle Nutzer von Tauschbörsen aber dürften sich kaum erwischen lassen. Nach Angaben des Verbandes tauschen in Deutschland 6,4 Millionen Surfer pro Minute 1200 Titel über die meist illegalen Börsen mit Programmen wie Gnutella oder Kazaa. Seit die Tonträger-Industrie in den USA zur Abschreckung erste Gerichtsverfahren angestrebt hat, ging dort die Zahl der Online-Tauscher um etwa ein Drittel zurück.

 

Ü Einige private Nutzungsformen bleiben erlaubt

 

Spätestens ab 1. November müssen die CD-Firmen kopiergeschützte Produkte deutlich kennzeichnen. Solche Tonträger dürfen dann nur noch analog – zum Beispiel auf eine Cassette – kopiert werden. Früher war eine Brenner-Kopie zu privaten Zwecken hingegen erlaubt. CDs und DVDs ohne Kopierschutz dürfen gemäß § 53 Absatz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) zu privaten Zwecken auch weiterhin kopiert werden. Solche Kopien dürfen auch an Freunde und Verwandte verschenkt werden. Ebenso dürfen geliehene CDs ohne Kopierschutz gebrannt werden. Nicht verboten ist es außerdem, einzelne Musikstücke von unterschiedlichen CDs zu einem neuen Zusammenschnitt zu kombinieren. Erlaubt bleiben auch digitale Aufnahmen von Musik im Hörfunk oder das Übertragen von Musikdateien vom CD-Spieler auf einen MP3-Player. Das Recht auf eine private Sicherheitskopie bei Computer-Software bleibt ebenfalls bestehen.

 

Ü Siehe auch Artikel 1 Neue Online-Plattform für Musik-Downloads.