Die Investmentfirmen KKR und Permira
wollen die Mehrheit an der deutschen ProSiebenSat.1 Media AG übernehmen. Der
Konzern soll mit der Sendergruppe SBS Broadcasting zusammengelegt werden, um
einen europäischen TV-Konzern zu schaffen. Stimmen die Aufsichtsbehörden zu,
entsteht ein neuer, großer europäischer TV-Konzern mit einem Umsatz von fast
drei Milliarden Euro.
Die Kaufverträge wurden am
14. Dezember unterschrieben. Mit ihrem Vollzug übernehmen Kohlberg Kravis
Robert & Co. (KKR) und Permira etwa 88 Prozent der stimmberechtigten
Stammaktien und etwa 13 Prozent der nicht stimmberechtigten Vorzugsaktien,
heißt es in einer Pressemitteilung der ProSiebenSat.1 Media AG. Die übrigen Stimmrechte (12
Prozent) gehören weiterhin dem Springer Verlag.
Insgesamt
sollen die beiden Investment-Gesellschaften über ihre Lavena Holding 4 GmbH bis
Ende März 2007 mit etwa 50,5 Prozent am Grundkapital der ProSiebenSat.1 Media
AG beteiligt werden. Den Kleinaktionären kündigten die neuen Eigentümer ein Übernahmeangebot
für deren nicht stimmberechtigten Vorzugsaktien im Wert eines
Drei-Monats-Durchschnittskurses (22,46 Euro) an. Die ProSiebenSat.1 Media AG soll
auch weiterhin an der Börse notiert bleiben und könnte ein Kandidat für den
Deutschen Aktienindex (Dax) werden. An der Stückelung in Vorzugs- und
Stammaktien soll ebenfalls festgehalten werden, teilten die neuen
Mehrheitsgesellschafter mit.
Ü
Sabans Einsatz verdreifacht
Die Vertrags-Parteien haben sich auf einen Preis von 28,71 Euro je
Stammaktie und 22,40 Euro je Vorzugsaktie geeinigt. Der Verkäufer Haim Saban
wollte ursprünglich einen Preis von dreißig Euro pro Aktie erzielen. Offenbar
hatte die türkische Mediengruppe Dogan – eventuell im Verbund mit Burda –
tatsächlich ähnlich viel geboten und damit mehr als KKR und Permira. Saban aber
scheute erneute Konflikte mit Medienaufsicht und Kartellbehörden. Im Frühjahr
war eine Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG durch den Springer Verlag wegen
zu großer Marktmacht verboten worden. Nachdem Springer anschließend eine
Beteiligung in Höhe von 25 Prozent an Dogan TV bekannt gegeben hatte, wäre
diese Verbindung nun problematisch geworden.
Mit seinem Investment in Deutschland konnte Saban sein eingesetztes
Kapitel binnen drei Jahren mehr als verdreifachen. Im August 2003 zahlte Sabans
Konsortium je Aktie zunächst 7,50 Euro und stockte die Beteiligung später auf
50,5 Prozent des Grundkapitals auf. Nun dürfen sich Saban und seine Partner
über einen erzielten Preis von etwa 3,1 Milliarden Euro freuen.
Branchen-Analysen schätzen den erzielten Kaufpreis – vor allem angesichts der
unsicheren Konjunktur im Free-TV-Geschäft – als sehr hoch ein. Insgesamt wurde
die ProSiebensat.1 Media AG mit knapp sechs Milliarden Euro bewertet. Zum
Vergleich: Im Sommer 2005 lag der Wert beim ersten Verkaufsversuch bei nur 4,2
Milliarden Euro.
Ü
ProSiebenSat.1 plus SBS
Scandinavian Broadcastuing System (SBS) wurde 1991 vom US-Filmproduzenten
Harry Evans Sloan gegründet und erreicht nach eigenen Angaben heute etwa
hundert Millionen Zuschauer in ganz Europa. Im vergangenen Jahr übernahmen KKR
und Permira 74 Prozent der Anteile einschließlich Schulden für 2,1 Milliarden
Euro. Zwanzig Prozent der Anteile gehören dem niederländischen Zeitungsverlag
„Telegraaf“ und sechs Prozent dem Management, an dessen Spitze mit Markus
Tellenbach ein Schweitzer steht, der früher bei Vox und Premiere die Geschäfte
leitete.
Die Holding SBS Broadcasting
mit Sitz in Luxemburg betreibt 19 Free-TV-Programme und zwanzig Pay-TV-Kanäle
sowie Radiostationen in Belgien, Bulgarien, Dänemark, Finnland, Griechenland, Ungarn,
den Niederlanden, Norwegen, Rumänien, Schweden und Großbritannien. Durch die
Übernahme der Mehrheit an der ProSiebensat.1 Media AG ergeben sich nun weitere
Synergie-Effekte beim Kauf von Sendrechten oder der Produktion eigener Formate.
Zur ProSiebenSat.1 Media AG zählen vor allem die deutschen Free-TV-Programme
Sat.1, Pro Sieben, Kabel 1 und N24 sowie Neun Live.
In Deutschland konnte sich die ProSiebensat.1 Media AG in den
vergangenen Jahren fast die Hälfte der TV-Werbemarktes und mehr als zwanzig Prozent
der Zuschauer-Marktanteile sichern. Die Zentrale der neuen Sendergruppe
ProSiebenSat.1 plus SBS wird, sollte sich eine gemeinsame Holding als sinnvoll
herausstellen, in München entstehen. Ein Abbau von Arbeitsplätzen sei nicht
geplant, hieß es bei Permira und KKR. Die neuen Besitzer hätten auch „keine Pläne, Einfluss
auf das Programm inklusive Nachrichten zu nehmen“, versprach
ProSiebenSat.1-Vorstandschef Guillaume de Posch, der als Intimus von Saban
gilt, dennoch aber bei ProSiebenSat.1 an Bord bleiben will.
Ü
Expansion noch nicht beendet
Permira gilt als Europas größter
Anbieter von Private Equity Fonds und war noch bis vor wenigen Wochen
wichtigster Gesellschafter beim Pay-TV-Kanal Premiere.
Dort hatte sich das Unternehmen im Februar 2002 mit knapp 55 Prozent beteiligt
und die Anteile nach einem Börsengang im März 2005 Stück für Stück veräußert.
Permira konnte bei seinen Anlegern bislang etwa 13,5 Milliarden Euro einsammeln
und sich damit seit 1985 an etwa 180 Unternehmen – darunter auch Debitel und
Rodenstock – beteiligen. Ähnlich wie Permira ist auch Kohlberg Kravis Robert
& Co. (KKR) darauf spezialisiert,
Firmen(-Anteile) zu übernehmen, neu zu strukturieren und mit Gewinn
weiterzuverkaufen. Der US-Marktführer verfügt zurzeit über etwa 22,2 Milliarden
Dollar Beteiligungskapitel. Seit 1976 hat KKR 146 Transaktionen mit einem Gesamtwert von mehr als
260 Milliarden Dollar abgeschlossen. In Deutschland kaufte sich KKR unter anderem bei
Autoteile Unger und dem Dualen System Deutschland („Grüner Punkt“) ein.
„Die internationale Expansion ist damit nicht beendet“, kündigte Götz
Mäuser, Partner bei der Investment-Firma Permira, nach der ProSiebenSat.1-Übernahme
an. Eine Expansion wird vor allem in Mittel- und Osteuropa angestrebt. Die
Investoren haben offenbar vor allem die RTL Group im Visier, deren Umsatz mit mehr als fünf
Milliarden Euro allerdings noch deutlich höher ist. Auf die Käufe des erst
kürzlich für 1,7 Milliarden Euro erworbenen SBS-Konzerns und der ProSiebenSat.1
Media AG sollen weitere Übernahmen folgen. Dauerhaft aber wird dieses
Engagement nicht sein. In der Regel verabschieden sich Private-Equity-Unternehmen
wie Permira und KKR spätestens nach fünf Jahren wieder von ihren Beteiligungen.
Ü Siehe auch folgende Artikel:
1 ProSiebenSat.1 Media wächst weiter (22.02.06)
1 ProSiebenSat.1 Media meldet Rekordgewinn
(22.02.05)
1 ProSiebenSat.1
Media überrascht positiv (20.02.04)
1 ProSiebenSat.1 Media AG geht doch an Saban
(05.08.03)
1 Springer
verzichtet auf TV-Deal mit Saban (01.02.06)
1 Bundeskartellamt
bremst Springer Verlag (24.01.06)
1 Springer
Verlag will TV-Deal retten (13.01.06)
1 Springer
Verlag scheitert an KEK-Beschluss (11.01.06)
1 Springer
Verlag greift nach ProSiebenSat.1 (05.08.05)
1 Reaktionen
auf Springers ProSiebenSat.1-Deal (07.08.05)