Das Bundeskartellamt hat trotz
großer Bedenken die komplette Übernahme des TV-Nachrichtenkanals n-tv durch die
RTL Group genehmigt. Stimmt auch die Kommission zur Ermittlung der Konzentration
im Medienbereich (KEK) zu, kann Time Warner seinen 50-Prozent-Anteil
verkaufen, so dass n-tv zu hundert Prozent in den RTL-Besitz übergeht.
Der US-Nachrichtenkanal
CNN, der inzwischen zu Time Warner gehört, hatte sich 1993 an n-tv beteiligt und
seine Anteile später auf zuletzt fünfzig Prozent aufgestockt. Gewinne flossen
aus dem Engagement aber nur in den Börsen-Boomjahren 1999 und 2000. Die RTL Group übernahm die andere Hälfte der Gesellschafteranteile
des Nachrichtenprogramms 2002. Nun wiesen CNN und RTL den Kartellwächtern nach,
dass n-tv für sich alleine nicht überlebensfähig sei. Das Bundeskartellamt stimmte der
Übernahme deshalb letztlich zu, „da der Sender ohne die Anteilsübernahme
eingestellt würde“. Andere Unternehmen hätten an einer Beteiligung kein
Interesse gezeigt. Das Gesetz erlaube in solchen Fällen eine so genannte
Sanierungsfusion, begründete das Bundeskartellamt seine Entscheidung.
Ü Wettbewerbsloses
Duopol
Am 6. Februar noch
hatte die Bonner Wettbewerbsbehörde den im November 2005 angemeldeten Eigentümerwechsel
(4 siehe Artikel n-tv soll
komplett an RTL Group gehen) abgemahnt und in der Übernahme eine Stärkung
des TV-Duopols in Deutschland gesehen. Die RTL Group ist in Deutschland noch an
RTL (100%), RTL 2 (35,9%), Vox (99,7%), Super RTL (50%) und RTL Shop (80%) beteiligt.
Diese Programme erreichten im vergangenen Jahr gemeinsam mit n-tv einen
Zuschauermarktanteil von 25 Prozent und erzielen mehr als vierzig Prozent aller
Netto-Werbeeinnahmen des deutschen Fernsehmarktes.
Das Bundeskartellamt
hatte im Februar angeführt, dass die RTL Group gemeinsam mit der ProSiebenSat.1 Media AG (Sat.1, Pro 7,
Kabel 1, N24, Neun live) in Deutschland über eine marktbeherrschende Stellung
verfüge. Die komplette n-tv-Übernahme führe zu einer „Absicherung und damit zur
Verstärkung der kollektiven marktbeherrschenden Stellung“. Bereits beim Verbot
der Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG durch Springer (4 siehe Artikel
Bundeskartellamt
bremst Springer Verlag) hatte Kartellamtschef Ulf Böge betont, dass das „wettbewerbslose
Duopol“ im privatwirtschaftlichen deutschen Fernsehmarkt nicht weiter verstärkt
werden dürfe.
Ü Millionen-Verluste
n-tv hat zurzeit einen
Zuschauer-Marktanteil von etwa 0,6 Prozent und im vergangenen Jahr einen
Verlust im einstelligen Millionen-Euro-Bereich gemacht. Das 1992 in Berlin gegründete
Programm wird seit 2005 von Köln aus gesendet. Der Anteil von n-tv am deutschen
TV-Bruttowerbemarkt lag im vergangenen Jahr unter einem Prozent. Die RTL Group
will die Programme von RTL, Super RTL, Vox und n-tv ab 2008 in der neuen
TV-Zentrale produzieren, die zurzeit in den umgebauten Kölner Messehallen entsteht.