Der US-Konzern
Viacom startet am 12. September das Kinder- und Jugendprogramm Nick. Zugleich wird
der Musikkanal MTV 2 Pop abgeschaltet. Damit beginnt der US-Medienkonzern damit, aus den ehemals vier
Musikkanälen MTV, MTV 2 Pop, Viva und Viva Plus normale Voll- oder
Jugendprogramme zu machen.
Nick ist ein Ableger des weltweit
erfolgreichsten Kinderfernsehsenders Nickelodeon, dessen Name aus der
Frühzeit des Kinos stammt, als in den USA die Filmtheater noch „NickelOdeons“
genannt wurden, weil der Eintrittspreis einen Nickel (fünf Cent) betrug. Das Viacom-Kinderprogramm wurde 1977 in den
USA gegründet, erreicht weltweit inzwischen etwa 300 Millionen Haushalte in 166
Ländern und soll in Deutschland für etwa dreißig Millionen Haushalte über
Satellit (Astra 19,2°, analog und digital) sowie
Kabelnetze (analog) zu empfangen sein. Viacom hatte bereits in den 90-er Jahren
versucht, den Kinderkanal Nickelodeon in Deutschland zu etablieren, stellte das
Programm aber Ende Mai 1998 nach Anlaufverlusten von etwa 60 Millionen Euro
wieder ein. Diesmal wurde sparsam kalkuliert. Das deutsche Programm soll von
nur etwa zwei Dutzend festen Mitarbeitern gemacht werden.
Ü
Kinder-Serien statt Videoclips
Tagsüber soll Nick klassische Kinderprogramme für die drei- bis 13-jährigen Zuschauer zeigen, abends meist Comedy-Formate, die auch ältere Jugendliche und Erwachsene ansprechen sollen. „Unser Programm besteht aus hochwertig produzierten, nicht selten preisgekrönten und in jedem Fall gewaltfreien Sendungen, die speziell auf die Bedürfnisse jeder Altersgruppe zugeschnitten sind“, versprach Nick-Programmdirektor Markus Andorfer. Zu den Kinder-Serien gehören unter anderem „SpongeBob“, „Jimmy Neutron“ oder „Grisu, der kleine Drache“. Zur abendlichen Comedy-Schiene zählen zum Beispiel die Kultserie „Coupling“, die 2003 den British Comedy Award erhielt, und die britische Sketch-Show „Smack The Pony“.
In drei Jahren soll Nick
schwarze Zahlen schreiben und zunächst in der Zielgruppe der Drei- bis 13-Jährigen
einen Marktanteil von fünf Prozent erobern, der binnen zwei Jahren verdoppelt
werden soll. Im Wettbewerb mit Super RTL
und dem öffentlich-rechtlichen Kinderkanal
dürfte die Abgrenzung allerdings zunächst schwer fallen, laufen doch viele der
Nick-Serien dort bereits, weil Viacom etwa die Lizenzen für das Format
„SpongeBob“ bis 2008 an Super RTL verkauft hat. Insgesamt gibt es in
Deutschland nun Woche für Woche etwa 400 Stunden spezielles Kinderprogramm.
Seit einiger Zeit sorgt auch Disneys Cartoon Network für Konkurrenz und strahlt
samstags ein sechsstündiges Programmfenster bei Kabel
1 aus. Nick-Programmchef Markus Andofer ist dennoch überzeugt, „dass noch
genügend Platz für einen weiteren Anbieter da ist“.
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Weniger Musik und weniger Klingeltöne
Mit dem Ende von MTV 2 Pop verfügt MTV Networks in
Deutschland jetzt nur noch über drei Musikkanäle, die zentral von Berlin aus
geleitet werden. MTV 2 Pop war unter dem Namen VH-1 am 4. Mai
1995 gestartet und am 1. Mai 2001 als MTV 2 Pop neu am Markt platziert worden.
Zuletzt bestand das Programm fast ausschließlich aus unmoderierten
Musikvideo-Endlosschleifen und Klingelton-Werbung für Handys. Bereits im Zuge
der Übernahme der Viva Media AG durch Viacom hatte MTV Networks-Chefin
Catherine Mühlemann angekündigt, eines der vier Programme (MTV und MTV 2 Pop, Viva
und Viva plus) werde bald eingestellt.
Viva Plus verliert als Musikprogramm für MTV Networks ebenfalls an Bedeutung.
In Nordrhein-Westfalen muss im Oktober der Kabelplatz S 18 an Center TV
abgegeben werden, einem Anbieter von regionalen TV-Programmen. Das entschied
die Medienkommission der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) am
26. August in Düsseldorf. Im Programm von Viva Plus werden seit einiger Zeit
unter anderem auch täglich von 22 bis 0 Uhr Call-in-Sendungen nach dem Vorbild
von Neun live ausgestrahlt. Mit Musikfernsehen hat das Format „Viva Plus Quiz“
allerdings wenig zu tun.
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Starker Druck sinkender Renditen
Bislang steigerte MTV in Deutschland seinen
Umsatz jährlich um etwa 15 Prozent. Nach der mehr als 300 Millionen Euro teuren
Viva-Übernahme im vergangenen Jahr (4 siehe Artikel Viacom übernimmt Viva Media AG) sind die früher erzielten Umsatzrenditen
von mehr als dreißig Prozent inzwischen aber unmöglich und dürften nur noch
etwa halb so hoch liegen. Angesichts
der Krise der Musikindustrie sucht Mühlemann nach neuen Strategien, um MTV,
Viva und Co. auf Erfolg zu trimmen. Nur noch etwa fünf Prozent aller
Werbeeinnahmen stammen von den CD-Labeln, mehr als vierzig Prozent aller
Spot-Erlöse fließen hingegen aus der meist nervigen Klingelton-Werbung von
Jamba und ähnlichen Anbietern, die zusammen europaweit inzwischen mehr als 200
Millionen Euro pro Jahr umsetzen. Nach Reklamationen der Landesmedienanstalten
und öffentlichem Protest unter anderem der Verbraucherzentralen soll bei MTV ab
Oktober zwischen 16 und 24 Uhr auf die Werbung für Handy-Soundschnipsel
verzichtet werden. Viva soll ab März ähnliche Jamba-freie Zonen einrichten.
siehe auch folgende
Artikel: 1 Viva jetzt fest in der Hand von Viacom
1 Viacom übernimmt Viva Media AG
1 Viacom will Viva Media AG übernehmen
Ü Aktuelles Interview
zum Thema
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Buchtipp Musikfernsehen in
Deutschland.