Im Ringen um
die Rundunkgebühren hat die Rundfunkkommission der Länder eine Erhöhung um 86
Cent vorgeschlagen. Ab 1. April 2005 müssten demnach statt bislang 16,15 Euro
monatlich 17,01 Euro für den Empfang von Hörfunk und Fernsehen bezahlt werden.
Voraussetzung ist eine Zustimmung aller Landesparlamente.
In Berlin verhandelte der Vorsitzende
der Rundfunkkommission der Länder, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident
Kurt Beck (SPD), am
20. September zwei Stunden lang mit den Regierungschefs von
Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, dem Saarland und
Mecklenburg-Vorpommern. Anwesend waren auch der ARD-Vorsitzende Jobst Plog und
dZDF-Intendant Markus Schächter. Am Ende verständigte sich die Runde mit der
Gebührenerhöhung um 86 Cent für den Zeitraum von April 2005 bis 2008 auf einen
Kompromiss. Die Kommission
zur Ermittlung des Finanzbedarf der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF) hatte die ursprünglich von ARD und ZDF
gewünschte Erhöhung von monatlich etwa zwei Euro deutlich gesenkt und im Januar eine Anhebung um
monatlich 1,09 Euro vorgeschlagen (4 Artikel KEF
will Gebühr um 1,09 Euro erhöhen). Dies stieß jedoch sowohl beim
nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (SPD) als auch bei
seinem bayerischen Kollegen Edmund Stoiber (CSU) und dem sächsischen
Ministerpräsidenten Georg Milbrad (CDU) auf Kritik. Die jetzt erzielte
Gebühren-Vereinbarung soll am 8. Oktober bei der nächsten Ministerpräsidenten-Konferenz
verabschiedet und anschließend von allen Landtagen beschlossen werden.
Ü KEF-Vorschlag um 23 Cent reduziert
Zurzeit erhalten die öffentlich-rechtlichen
Programmanbieter etwa 6,5 Milliarden Euro Gebühren pro Jahr. Die Troika der
Ministerpräsidenten hatte die vorgeschlagene Erhöhung auf monatlich 17,24 Euro
angesichts der aktuellen Wirtschaftslage für unzeitgemäß und sozial
unverträglich erklärt. Nach mehr als einem Jahr Streit stellt die nun verabredete
Kürzung des KEF-Vorschlages um 23 Cent pro Monat eine Lösung dar, bei der alle
Beteiligten das Gesicht wahren können. Im Vergleich zum KEF-Vorschlag nehmen
die öffentlich-rechtlichen Anstalten mit dieser Erhöhung jährlich etwa 120
Millionen Euro weniger ein.
Einem sozial begründeten und wirksamen
Schutz der privaten Haushalte vor zu hohen finanziellen Belastungen aber wird
die Vereinbarung der Ministerpräsidenten kaum gerecht. Vielmehr gleicht der
Kompromiss einem Musterbeispiel symbolischer Politik. Edmund Stoiber sprach
nach der Berliner Einigung im Kreis der sechs Ministerpräsidenten von einer „Notbremsung“.
Dabei werden von
ARD und ZDF weitere Einsparungen verlangt: So soll die ARD 255 und das ZDF 300
Stellen abbauen. Die Zahl der öffentlich-rechtlichen Programme darf außerdem
nicht erhöht, das Online-Budget soll auf 0,75 Prozent der Gesamtetats und die Marketingmittel
sollen auf 1 Prozent begrenzt werden. Außerdem könnten ARD und ZDF für etwa hundert
Millionen Euro Sportübertragungsrechte an private Wettbewerber verkaufen,
erklärten die Mitglieder der Rundfunkkommission der Länder. Einsparungen wollen
die Ministerpräsidenten auch dadurch erzielen, dass die Bundesländer den öffentlich-rechtlichen
Rundfunk nicht mehr veranlassen, eine flächendeckende DVB-T-Versorgung zu gewährleisten.
Schließlich sollen ARD und ZDF ihre Einnahmebasis dadurch verbreitern, dass
größere Hotels künftig für alle TV-Geräte nicht mehr die halbe, sondern die komplette
Rundfunkgebühr entrichten müssen.
Eigentlich müsste der neue Gebühren-Staatsvertrag
bereits zum 1. Januar 2005 in Kraft treten. Wegen der Neuwahl des Landtags in
Sachsen aber ist eine rechtzeitige Verabschiedung inzwischen unmöglich. Deshalb,
so erklärte Kurt Beck, habe man die eigentlich für ausreichend gehaltene Erhöhung
von 79 Cent um 7 Cent aufgestockt, um den Ausfall der ersten drei Monate des Jahres
auszugleichen.
Ü ARD erwägt Gang nach Karlsruhe
Der ARD-Vorsitzende Jobst Plog
verwies darauf, die von der Rundfunkkommission empfohlenen Sparziele für ARD
und ZDF seien wenig durchdacht. „Fast alle Maßnahmen, die
nach Auffassung der Ministerpräsidenten die Gebührenempfehlung reduzieren
sollen, sind in ihrem Effekt zweifelhaft und zum Teil nicht umsetzbar“,
kritisierte Plog und betonte, dass der Eingriff der Ministerpräsidenten in
das Verfahren zur Gebührenfestsetzung nicht der vom Bundesverfassungsgericht
geforderten Staatsferne und politikfreie Gebührenfestsetzung entspreche. Über
die Option einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht
in Karlsruhe will die ARD erst beraten, wenn alle Ministerpräsidenten den entsprechenden
Staatsvertrag unterschrieben und alle Länderparlamente den Vertrag ratifiziert
haben. In einer ARD-Pressemitteilung hieß es dazu: „Dabei wird die ARD mit
Blick auf Inhalt und Begründung der Entscheidung insbesondere Wert darauf legen, dass der vom
Bundesverfassungsgericht vorgegebene Weg zur Festsetzung der Rundfunkgebühr
nicht beschädigt wird. Das unabhängige Verfahren zur Gebührenanpassung zu
sichern, ist für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von
entscheidender Bedeutung.“ Ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht
könnte sich allerdings über zwei oder drei Jahre erstrecken, in denen ARD und
ZDF auf jegliche Gebührenanpassung verzichten müssten.
Ü Siehe auch folgende
Artikel:
1 Rundfunkgebühren-Erhöhung
um 1,07 Euro? (08.10.2003)
1 Streit
um Rundfunkgebühren-Erhöhung (24.06.2003)
1 KEF will Gebühr um 1,09 Euro erhöhen
(09.01.2004)
Ü Der 14. KEF-Bericht
steht bei der KEF als Download zur
Verfügung und kann gratis als Drucksache angefordert werden.