Der amerikanische Medienkonzern Viacom soll die
Mehrheit der deutschen Viva Media AG übernehmen. Dies haben die Financial Times
Deutschland und der Branchendienst Kress Report übereinstimmend berichtet.
Viva-Vorstandschef Dieter Gorny mochte die Meldung allerdings nicht bestätigen.
Offenbar muss die Übernahme erst noch von den Führungsspitzen beider
Unternehmen gebilligt werden.
„Es ist alles durch, es fehlt nur noch die formelle
Zustimmung der Vorstände. Alle Beteiligten haben sich auf den Preis
verständigt“, zitierte die Financial Times
Deutschland „informierte Kreise“. Der Preis für 75,5 Prozent der
Viva-Anteile liege demnach knapp unter 310 Millionen Euro bzw. bei 12,60 Euro
je Aktie. Das verbleibende Viertel der
Aktienanteile ist zurzeit noch im Streubesitz. Sollten sich die Viva Media AG und Viacom
einigen, müssten alle Kleinaktionäre entsprechende Übernahmeangebote für ihre
Viva-Wertpapiere erhalten.
Sollte die Fusion von Viacom und Viva realisiert werden, wäre es außerdem mit der
Vielfalt auf dem deutschen Musik-TV-Markt vorbei. Viacom ist nämlich die
Muttergesellschaft von MTV, dem weltweit größten Anbieter von Musikfernsehen. Dass sich Viva und MTV künftig weiterhin jeweils zwei Pop-Kanäle
leisten, ist für den Fall des Zusammenschlusses äußerst unwahrscheinlich. Vor
einem Monat erst hatte der Musikkanal Onyx sein Ende für Ende August angekündigt (siehe
Artikel Aus
Onyx.TV wird Terra Nova).
Ü
Zustimmung der Aufsichtsbehörden ungewiss
Die endgültige Entscheidung soll in den beteiligten
Vorstandsetagen erst am 23. Juni fallen. Anschließend müssten allerdings noch
die Kartellbehörden dem Zusammenschluss der Konzerne von MTV und Viva
zustimmen. Wird dabei – wie im Rundfunkstaatsvertrag – der gesamte deutsche
Fernsehmarkt betrachtet, dürften die Marktanteile der beteiligten Unternehmen
unterhalb der kritischen Grenze liegen. Anders wäre es allerdings, wenn die
Wettbewerbshüter die Musik-TV-Branche als eigenen Markt betrachten, bei dem
dann – nahezu europaweit! – nur noch ein Konzern den Ton angeben würde. Größte
Anteilseigner bei Viva sind bisher die Time-Warner-Tochter Turner Broadcasting
System International mit 30,6 Prozent und der Musikkonzern Universal mit 15,3
Prozent. Beide könnten den Erlös aus dem Verkauf ihrer Viva-Anteile angesichts
sinkender Erlöse der eigenen Musik-Label gut gebrauchen.
Ü
Viva-Kurssteigerung trotz roter Zahlen
Übernahme-Spekulationen hatten den Börsenwert der
Viva Media AG bereits seit Monaten in die Höhe getrieben. Zurzeit liegt der Kurs etwa 140 Prozent über den
Werten vom Vorjahresmonat und das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei knapp 150. Die
betriebswirtschaftliche Bilanz aber fiel zuletzt alles andere als positiv aus. Die Viva Media AG machte im vergangenen Jahr einen
Betriebsverlust von 4,4 Millionen Euro (Ebita, Nettogewinn vor Zinsen, Steuern
und Abschreibungen). Schuld daran waren vor allem die Krise der Musikindustrie
und ausbleibende Werbeerlöse von Viva, Viva plus und
den ausländischen Viva-Ablegern (v.a. Polen, Ungarn, Niederlande, Schweiz).
Gewinne erwirtschaftete hingegen die 2001 übernommene TV-Produktionsfirma Brainpool (siehe Artikel Viva mit
Verlusten im Kerngeschäft). Auch im ersten
Quartal 2004 schaffte der Konzern nicht die Wende und machte erneut 3,3
Millionen Euro Verlust.
Zu Viacom gehören außer MTV
auch der US-Fernsehkanal CBS, das Hollywood-Studio Paramount, die Hörfunkkette
Infinity sowie die Kinokette UCI und weitere TV-Spartenprogramme wie Nickelodeon
oder VH1. Der Umsatz betrug im vergangenen Jahr 27,7 Milliarden Dollar.
Wichtigster Aktionär ist der Konzernpatriarch Sumner Redstone (81), dessen
Familie etwa 15 Prozent der Anteile und 71 Prozent der Stimmrechte des
MTV-Mutterkonzerns besitzt. Viva startete 1993 als Konkurrenz zu MTV und wurde
im Wesentlichen von großen Tonträgerfirmen finanziert. MTV und Viva erreichten
in den vergangenen Monaten jeweils 0,4 Prozent Marktanteil, MTV 2 Pop und Viva
Plus jeweils 0,3 Prozent. In der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen hatten MTV
und Viva im Mai laut Media Control jeweils einen Marktanteil von 0,8 Prozent. In
der Branche kursieren bereits Gerüchte, Sumner werde entweder MTV 2 oder Viva
Plus gegen eine deutsche Version des US-Kinderkanals Nickelodeon ersetzen. Der
erste Versuch, Nickelodeon in Deutschland zu etablieren, war 1998 bereits nach
drei Jahren gescheitert. Außerdem könnte mittelfristig auch die Sendeabwicklung
für die Viacom/Viva-Kanäle in Berlin gebündelt werden, wo MTV gerade seine neue
Deutschland-Zentrale bezogen hat.
Ü Hier finden Sie den kompletten Geschäftsbericht
der Viva Media AG 2003.
Ü Buchtipp Musikfernsehen in Deutschland.