Der Rundfunkrat des Rundfunks Berlin-Brandenburg hat am 24. März Dagmar Reim zur Intendantin gewählt. Die neue Zwei-Länder-Anstalt soll nach der Fusion des Sender Freies Berlin mit dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg am 1. Juni ihren Sendebetrieb aufnehmen. Mit der Wahl von Dagmar Reim wurde erstmals in der deutschen Mediengeschichte eine Frau an die Spitze eines öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramms berufen.

Eigentlich hatte Dagmar Reim (51) gar nicht als Favoritin gegolten. Diese Rolle spielte spätestens seit Dezember 2002 WDR-Fernsehdirektor Ulrich Deppendorf. Schließlich hatten sich sowohl der brandenburgische Ministerpräsident Platzeck als auch Berlins Oberbürgermeister Wowereit für den 53-Jährigen ausgesprochen. Schon im vierten von acht möglichen Wahlgängen aber dann die Überraschung: Der Rundfunkrat für den neuen Rundfunk Berlin-Brandenburg, der erst am 18. Dezember 2002 konstituiert worden war, wählte mit 21 von 30 Stimmen die Leiterin des NDR-Landesfunkhauses Hamburg. Die Amtszeit der neuen Intendantin beträgt fünf Jahre.

Bundesweit bekannt geworden war Dagmar Reim, als sie Ende 2001 (als der SPD nahe stehend) für das Amt an der Spitze des ZDF kandidierte, dabei aber später an den politischen Mehrheitsverhältnissen in den ZDF-Aufsichtsgremien scheiterte. Nach ihrem Studium der Geschichte, Germanistik und Publizistik arbeitete sie zunächst beim Bayerischen Rundfunk, wechselte 1979 zum WDR und 1986 zum NDR, wo sie 1992 unter anderem als ARD-Sprecherin in der Pressestelle fungierte. 1995 wurde Dagmar Reim Chefredakteurin des NDR Hörfunk und 1998 Chefin des Landesfunkhauses Hamburg. Die gebürtige Heidelbergerin ist außerdem als Beraterin in der publizistischen Kommission der deutschen Bischofskonferenz tätig.

 

Ü Überraschungserfolg „mit überzeugender Vision“

 

Dagmar Reim bleibt nicht mehr viel Zeit, um aus zwei Landesrundfunkanstalten eine neue zu formen. Der Ende 2002 geschlossene RBB-Staatsvertrag legt fest, dass für die etwa 640 ORB- und 1200-SFB-KollegInnen keine Kündigungen ausgesprochen werden dürfen. Von den noch existierenden zwei Fernseh- und acht Hörfunkprogrammen aber dürften nicht alle bestehen bleiben. Für den TV-Bereich legte sich Reim bereits fest: „Feststeht, dass aus zwei Dritten Programmen eines wird“, sagte sie nach der Wahl. Der RBB soll darüber hinaus etwa 7 Prozent zum ARD-Programm zusteuern, aber – anders als bislang der SFB – keinerlei Mittel aus dem ARD-Finanzausgleich erhalten. Als „sinnvoll“ bezeichnete Dagmar Reim außerdem Pläne, die Kultur-Hörfunkprogramme „Radio 2“ (ORB) und „Radio Kultur“ (SFB) zusammenzulegen.

 

Außer Deppendorf hatten in Berlin auch der Unternehmensberater und ehemaliger Geschäftsführer von 104,6 RTL, Bernt von zur Mühlen (55), und der Ex-Staatsopernintendant Georg Quander (52) kandidiert. Dagmar Reim zeigte sich nach der Wahl mindestens ebenso überrascht wie die meisten Medienexperten: „Damit habe ich nicht gerechnet“, bekannte sie freimütig. Der RBB-Rundfunkratsvorsitzende Bertram Althausen begründete die Wahl damit, dass die Kandidatin den dreißigköpfigen Rundfunkrat mit „mit überzeugender Vision“ und „bestechender Ehrlichkeit“ überzeugt habe. Dem RBB-Rundfunkrat gehören 23 Männer und sieben Frauen an.

 

Ü Siehe auch Artikel Fusionspoker bei SFB und ORB.