Die Rundfunkgebühr
soll ab Januar 2005 um 1,07 Euro auf 17,22 Euro steigen. Das geht nach Angaben
der Süddeutschen Zeitung aus dem Entwurf für den 14. Bericht der Kommission zur
Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
hervor. ARD und ZDF hatten für die Gebührenperiode von 2005 bis 2008 eine Erhöhung
der Monatsgebühr um etwa 2 Euro beantragt.
Der aktuelle Entwurf soll am 30. Oktober mit den Intendanten der Rundfunkanstalten und der Rundfunkkommission der Länder beraten werden. Eine endgültige Empfehlung zur Gebührenerhöhung will die KEF erst am 14. November geben. Der 250 Seiten umfassende Entwurf liegt seit wenigen Tagen den Intendanten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vor. Das KEF-Papier empfiehlt nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung (SZ) – wenn auch nicht offiziell von der KEF bestätigt–, ARD und ZDF sowie dem DeutschlandRadio jährlich zusätzlich 459 Millionen Euro zu bewilligen. Zurzeit erhalten die öffentlich-rechtlichen Programme pro Jahr von den Gebührenzahlern insgesamt etwa 6,5 Milliarden Euro, davon 4,8 Mrd. Euro für die ARD und 1,5 Mrd. Euro für das ZDF.
Die Ergebnisse der Beratungen mit den Intendanten und Ministerpräsidenten der Länder gehen schließlich in den14. KEF-Bericht ein, der am 8. Januar veröffentlicht und in der Bundespressekonferenz vorgestellt werden soll. Die neue KEF-Kalkulation geht für das ZDF offenbar von einer jährliche Kostensteigerung um 3 Prozent und für die ARD von nur um 2,5 Prozent aus. Als Begründung dafür werde, so berichtet die SZ, angeführt, dass TV-Ware teurer sei als Hörfunkprogramme. Setzt sich die KEF mit ihren aktuellen Zahlen durch, erhält die ARD pro Monat 65 Cent mehr pro Gebührenzahler, das ZDF 45 Cent, und dem DeutschlandRadio werden 3 Cent monatlich abgezogen. Der ARD-Vorsitzende Jobst Plog kritisierte die KEF-Empfehlung am 7. Oktober in einer Pressemitteilung bereits als zu niedrig und kündigte an, die Berechnungen sorgfältig zu prüfen.
Ü
Streit um Gebührenhöhe geht weiter
Über die tatsächliche Gebührenhöhe entscheiden schließlich die Landesparlamente, die allerdings weitgehend an den Vorschlag der KEF gebunden sind. Bereits im Mai und Juni hatte das Thema Gebührenerhöhung Schlagzeilen gemacht, als die Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (SPD, Nordrhein-Westfalen) und Edmund Stoiber (CSU, Bayern) eine Nullrunde („Moratorium“) bei den Gebühren ins Spiel gebracht hatten (4 siehe Artikel Streit um Rundfunkgebühren-Erhöhung). Kritik gab es auch von der privat-kommerziellen Konkurrenz von ARD und ZDF. Jürgen Doetz, Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT), warnte, das Ungleichgewicht im dualen Rundfunksystem werde „weiter verschärft“. Seit Monaten schon weist der VPRT immer wieder darauf hin, dass alle privatwirtschaftlichen TV-Programmanbieter zusammen 2,4 Milliarden Euro weniger an Werbeeinnahmen erzielen als ARD und ZDF durch ihre Rundfunkgebühren.
Aus Gründen der Staatsferne bestimmen ARD und ZDF ihren Gebührenbedarf zunächst weitgehend
autonom. So hatte das ZDF 1,1 Milliarde Euro an normalen Mitteln plus 400
Millionen Euro zur „Substanzerneuerung“ für die Zeit von 2005 bis 2008 eingefordert.
Die ARD-Pläne beinhalteten zusätzliche 1,8 Milliarden Euro. Dies hätte einer
Gebührenerhöhung um 1,12 Euro für die ARD (+9,8%) und um 70 Cent für das ZDF
(+17,5%) entsprochen. Die fachliche Überprüfung des Finanzbedarfs, die seit
1975 von der KEF übernommen wird, mochte einem solchen Bonus aber nicht zustimmen.
Das Gremium wird von Rainer Conrad geleitet, der zugleich Vizepräsident des
Bayerischen Obersten Rechnungshofes ist. Gemeinsam mit 15 weiteren Experten hat
er in den vergangenen fünf Monaten die Bedarfsanmeldungen der
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
geprüft und schließlich etwa auf die Hälfte reduziert.
Ü
Gebührenbegriff und Grundversorgung unklar
Die KEF
besteht aus 16 unabhängigen Sachverständigen, jedes Bundesland entsendet je einen Experten für Rundfunkrecht, Betriebswirtschaft oder Rundfunktechnik. Das Gremium
erstellt mindestens alle zwei Jahre einen Bericht über die Finanzlage von ARD und ZDF und nimmt Stellung zur
Frage der Höhe und des Zeitpunktes von
Gebührenerhöhungen. In seinem achten Rundfunkurteil
kam das Bundesverfassungsgericht zu dem Schluss, dass die Empfehlungen der
Gebühren-Kommission von den Parteien nicht aus politischen Gründen
konterkariert werden dürfen. Eine politische Gestaltung sei nur erlaubt, wenn
eine Erhöhung als nicht sozialverträglich gilt. Sonst aber, so heißt es indem
Urteil, darf die Gebühr nicht „zu Zwecken der Programmlenkung oder der Medienpolitik
eingesetzt“ werden. Die nun vorgeschlagene Erhöhung um etwa 1 Euro wäre die
zweitniedrigste in der Geschichte von ARD und ZDF (4 siehe Tabelle am Artikel-Ende). Dennoch wurde der Streit
um die Anpassung selten zuvor so hart geführt: Sollte die Politik eine Erhöhung
für sozial unverträglich erklären, könnte der Fall am Ende vor dem
Bundesverfassungsgericht landen. Dann müssten die Karlsruher Richter den
Auftrag von ARD und ZDF, ihre Bestands- und Entwicklungsgarantie sowie deren
Finanzierung deutlich präzisieren.
Umstritten bleibt in dem Streit auch weiterhin, was zur
öffentlich-rechtlichen Grundversorgung gehört und was nicht. Kritiker halten
die fünfzehn analogen und sechs digitalen Programme von ARD und ZDF für ebenso
übertrieben wie die 61 Hörfunkstationen und vor allem die Online-Aktivitäten
von WDR, NDR & Co. Für mehr Klarheit sollen künftig so genannte Selbstverpflichtungen
der öffentlich-rechtlichen Anbieter sorgen, in denen nach dem BBC-Vorbild
präzisiert werden soll, was zum gesetzlichen Programmauftrag zählt. Ebenso
ungenau wie der Begriff der Grundversorgung ist auch der Gebührencharakter:
Würde es sich bei den Beträgen, die monatlich für die Leistungen von ARD und
ZDF zu zahlen sind, tatsächlich um eine Gebühr handeln, müsste ihre Höhe
sich eigentlich nach dem Ausmaß der Nutzung richten. Da aber alle unabhängig
von der Nutzungszeit monatlich 16,15 Euro zahlen, handelt es sich
finanzwissenschaftlich im strengen Sinne nicht um eine Gebühr, sondern eher um
einen Beitrag. Für den aber wiederum ist eigentlich die Freiwilligkeit
typisch, die im Rundfunkbereich nicht besteht, weil die Zahlungen gemäß
Rundfunkgebührenstaatsvertrag automatisch an die Existenz von Empfangsgeräten
gekoppelt ist.
Ü
Millionen-Ausfälle durch Schwarzseher
Von den zwei Jahre alten Plänen, die Rundfunkgebühren künftig
nicht mehr pro Gerät, sondern pro Haushalt oder Betrieb zu erheben (4 siehe Artikel Rundfunkgebühr
wird Zwangsabgabe), hatten sich die
Staatskanzleichefs der Bundesländer bereits Ende Mai verabschiedet. Der Einzug der Rundfunkgebühren selbst kostet in Deutschland etwa
1,74 Prozent der erzielten Summe. Mit der Verwaltung sind bei der Kölner Gebühreneinzugszentrale (GEZ) inzwischen mehr als
900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betraut. Dennoch können nicht alle
Gebührenpflichtige erfasst werden. Die GEZ geht von einer Schwarzseher-Quote
von 6,5 Prozent, der Bremer Landesrechnungshof sogar von etwa zehn Prozent aus
und errechnete Ausfälle, die sich jährlich auf zwischen 609 Millionen und 1,085
Milliarden Euro summieren sollen. Würden alle Rundfunk-Nutzer in Deutschland
zahlen, könnte auf eine Erhöhung der Gebühr also verzichtet werden.