Der Kampf um die Quoten-Goldmedaille
Olympische Winterspiele bei ARD, ZDF und
Premiere
Von Dr. Matthias Kurp, 05.02.2002
Der Kampf um die
Medaillen nähert sich seinem Ende - und damit auch der Kampf um die Quotenmedaillen.
Eis, Sport und Schnee versprechen glänzende TV-Geschäfte, die kaum ein Sender
verpassen wollte.
Seit dem
8. Februar geht es bei den Olympischen Winterspiele jenseits von Eis,
Edelmetall und Ehrgeiz auch ums harte TV-Geschäft. ARD, ZDF, Premiere und
Eurosport berichten auf acht Kanälen mehr vom Weltfest des Wintersports als je
zuvor. ARD und ZDF ließen sich die
Exklusivrechte nach eigenen Angaben 25 Millionen Dollar kosten, mussten im
Rahmen des Rechte-Deals für die Fußball-WM Kirchs Pay-TV Premiere aber einige Rechte
abtreten (vor allem Eishockey). Eurosport will am Ende insgesamt 400 Stunden
lang aus Salt Lake City gesendet haben, die öffentlich-rechtlichen Anbieter
zusammen etwa 300 Fernsehstunden. ARD und ZDF berichten im Wechsel täglich
zwischen 16 und 6 Uhr aus den USA und wiederholen morgens zwischen 9 und 13 Uhr
die Highlights. Die acht Stunden Zeitverschiebung macht es zur Freude der
Programmplaner möglich, dass fast alle wichtigen Entscheidungen (Abfahrt,
Slalom, Skispringen, Biathlon) mitten in der deutschen TV-Primetime
stattfinden.
500
Mitarbeiter und 36 Kameras wurden von ARD und ZDF ins Rennen um Olympia-Ehren
und -Quoten geschickt, um die offiziellen Olympia-Bilder zu kommentieren und
gegebenenfalls zu ergänzen. Da wirkt die Summe von etwa 40 ARD-Mitarbeitern,
die für den ARD-Hörfunk zuständig sind, vergleichsweise bescheiden. Längst
weisen täglich rasant geschnittene TV-Trailer auf das Großereignis hin. „Wir
werden exzessiv senden“, drohte ZDF-Sportchef Wolf-Dieter Poschmann vor Beginn
der Spiele bereits an. Als prominente Co-Kommentatoren verpflichtete Poschmanns
Crew Michaela Gerg-Leitner und Armin Bittner (Ski alpin), Gunda
Niemann-Stirnemann (Eisschnelllauf) und Jens Weißflog (Skispringen). Für die
ARD sitzen unter anderem Katarina Witt (Eiskunstlauf), Mark Kirchner (Biathlon)
sowie Katja Seitzinger und Markus Wasmeier (Ski alpin) neben Rubenbauer &
Co. in den Reporterkabinen. Alles in allem werden die Gesamtkosten für die
öffentlich-rechtlichen Anbieter auf 40 bis 50 Millionen Euro geschätzt.
Vor vier
Jahren mussten ARD und ZDF für die Olympia-Rechte in Nagano noch 10 Millionen
Dollar weniger zahlen. Kein Wunder, dass die öffentlich-rechtlichen
Werbezeitenvermarkter alles tun, um die täglich erlaubte Werbezeit möglichst
auszuschöpfen. Zusätzlich wurden mit Bitburger, Obi und TV Movie
Sponsorenverträge abgeschlossen. Die 5-sekündigen Sponsorhinweise, die alle
Sendungen einleiten werden, sollen ARD und ZDF nach Branchenschätzungen
Zusatzeinnahmen in siebenstelliger Höhe bescheren.
Weltweit betragen die Kosten
für die Fernsehübertragungsrechte aus Salt Lake City in diesem Jahr 738
Millionen Dollar. Das ist zwar nur etwa halb so viel wie bei den Sommerspielen
vor zwei Jahren in Sydney, aber fast 74 Prozent mehr als bei den Winterspielen
1998. 1972 machten die Kosten bei den Winterspielen in Sapporo mit 6,4
Millionen Mark nur weniger als ein Prozent der heutigen Summe aus. Kurz zuvor
noch hatte der damalige Präsdident des Internationalen
Olympischen Komitees (IOC), Avery Brundage, gesagt „Olympia ist sechzig
Jahre lang ohne Fernsehen ausgekommen, und es wird auch die nächsten sechzig
Jahre gut ohne es leben können.“ – Welch ein Irrtum! Der amtierende
IOC-Präsident Jacque Rogge hat in dieser Woche angekündigt, ab den
Winterspielen 2006 wolle das Internationale Olympische Komitee selbst für die
TV-Bilder sorgen. Dafür wurde eigens die Firma Olympic Broadcasting Services
(OBS) gegründet, in die das IOC 600.000 Euro investieren will.