ZDF-Kandidatenkarussell: Wer beerbt Stolte?

Parteipolitisches Geschacher hinter den Kulissen

 

 

Von Dr. Matthias Kurp, 08.10.2001

 
 

 

 

 

 

 

 


Im März 2002 hört Dieter Stolte als Intendant des ZDF auf. Anfang Dezember soll entschieden werden, wer sein Nachfolger wird: Noch ist das Rennen (fast) offen.

 

Bereits seit einigen Wochen verhandeln die acht Mitglieder der „Arbeitsgruppe Intendantenwahl“ mehr oder weniger öffentlich mit Kandidaten und Politikern, um dem Fernsehrat des ZDF bereits vor der Wahl am 6. Dezember einen mehrheitsfähigen Wahlvorschlag zu unterbreiten. Doch das Terrain ist schwierig, das Proporzgeflecht sehr störungsanfällig. Als Stoltes Vorgänger Karl-Günther von Hase 1977 zum Intendanten gewählt wurde, gelang der Durchbruch erst nach 18 Wahlgängen. Ähnliches soll diesmal vermieden werden. Nachdem die Findungskommission zuletzt am 27. September getagt hatte, blieben am Ende fünf ZDF-Hierarchen und eine Kandidatin von außen für die Kandidatenliste übrig.

Ü „Freundeskreise“ ringen um Parteienproporz

Wer vom ZDF-Fernsehrat gewählt werden will, muss eine Drei-Fünftel-Mehrheit im 47-köpfigen Gremium erreichen. SPD und CDU pflegen mit ihnen nahestehenden Mitgliedern je einen eigenen „Freundeskreis“, um Mehrheiten zusammenbringen. Der Fernsehrat gilt als mehrheitlich konservativ. Doch für eine Drei-Fünftel-Mehrheit reicht die knappe CDU/CSU-Mehrheit nicht. Also muss die eigens eingerichtete AG Intendantenwahl Kompromisse ausloten. Zur Findungskommission gehören außer den Freundeskreis-Chefs Klaus Rüter (SPD-Staatssekretär in Rheinland-Pfalz) und Wilfried Scharnagl (Ex-Chefredakteur des CSU-Parteiorgans „Bayernkurier“) folgende Mitglieder: Maria Böhmer (CDU/CSU-Fraktionsvize), Konrad Kraske (Ex-CDU-MdB), Anke Fuchs (SPD-MdB/Bundestagsvizepräsidentin), Andrea Urban (Leiterin der Landesstelle Jugendschutz in Niedersachsen), Roland Issen (ver.di) und Prof. Dr. Wolfgang Jäger (Uni Freiburg).

Und so sieht das aktuelle Kandidaten-Sextett aus:

Ø      Einzige externe Bewerberin ist Dagmar Reim, die zurzeit als Direktorin des Landesfunkhauses Hamburg beim NDR arbeitet. Reim gilt als Vorschlag der Sozialdemokraten. Da aber die CDU im Fernsehrat das Vorschlagsrecht für sich reklamiert, dürfen sich SPD-KandidatInnen wenig Hoffnung machen.

 

Ø      Wunschkandidat der CDU und vor allem von CSU-Ministerpräsident Edmund Stoiber ist der stellvertretende ZDF-Chefredakteur Helmut Reitze. Doch der ausgewiesene CDU-Freund und Moderator des „heute journals“ gilt als der SPD nicht vermittelbar und hat deswegen nur geringe Chancen.

 

Ø      Würde der CDU-nahe ZDF-Programmdirektor Markus Schächter Intendant, müsste sein Stellvertreter Hans Janke zum Programmdirektor aufrücken. Doch weil Janke mit der SPD sympathisiert, würde ihn die konservative Mehrheit des Fernsehrates nur ungern in der ZDF-Hierarchie aufrücken lassen. Aus diesem Grund kommen wahrscheinlich weder Schächter noch Janke selbst als neuer ZDF-Intendant in Frage.

 

Ø      ZDF-Verwaltungsdirektor Hans-Joachim Suchan war früher Chef der hessischen SPD-Staatskanzlei, was den Verwaltungsexperten nicht gerade zum Favoriten der CDU macht. Außerdem fehlt Suchan die Erfahrung eines Programmmachers.

 

Ø      Die größten Chancen werden zurzeit Gottfried Langenstein zugeschrieben. Der 47-Jährige ist beim ZDF für die Satellitenprogramme 3sat und Arte zuständig und gilt als Stoltes Wunschnachfolger. Der in München geborene Medienmanager fädelte unter anderem die ZDF-Kooperation mit T-Online ein und wird auch bei der Kirch-Gruppe geschätzt, aus deren Filmbeständen sich das ZDF immer schon ausgiebig bedient hat.

Ü Schwierige Aufgabe bei immer knapperer Kasse

Um das ZDF für die Zukunft fit zu machen, muss die neue ZDF-Führungscrew zugleich eine Programmoffensive und ein Sparkonzept realisieren. Keine leichte Aufgabe. Bereits in der vergangenen Gebührenperiode blieb im vergangenen Jahr ein Minus von 309,4 Millionen Mark. Allein im ersten Halbjahr 2001 gingen die ZDF-Werbeeinnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 13,5 Prozent zurück. Immerhin aber konnte das ZDF im Juli (14,2 Prozent) und August (13,7 Prozent) zumindest bei den Marktanteilen wieder einen Aufwärtstrend verzeichnen.