Fusions-Poker bei SFB und ORB

Kampf um Posten und Positionen für Rundfunk Berlin/Brandenburg

 

 

Von Dr. Matthias Kurp, 05.11.2001

 
 

 

 

 

 

 

 


Die ARD-Anstalten Sender Freies Berlin und Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg sollen bis 2004 fusionieren. Der Kampf um Posten, Positionen und Pfründe hat bereits begonnen.

 

Jahrelang schienen die Verhandlungen festgefahren. Doch kaum hatte in Berlin die SPD Klaus Wowereit auf dem Stuhl der Oberbürgermeisters platziert, kam plötzlich Bewegung in die Sache. Die Fusion von Sender Freies Berlin (SFB) und Ostdeutschem Rundfunk Brandenburg (ORB) war vor allem von Wowereits CDU-Vorgänger Diepgen immer wieder blockiert worden. Jetzt soll die Senderhochzeit spätestens in der Silvesternacht 2003/4 über die Bühne gehen. Die Weichen aber müssen bereits vorher gestellt werden. Voraussetzung für die pünktliche Fusion ist nämlich, dass die Länderparlamente von Brandenburg und Berlin binnen einen Jahres einen entsprechenden Staatsvertrag unterzeichnen.

Der Hochzeitstermin steht fest. Jetzt gilt es, die Mitgift auszuhandeln. Aber wer überhaupt ist die Braut und wer der Bräutigam? Sicher ist nur, dass es beiden Seiten nicht zur Prunkhochzeit reicht. Zwar ist keiner der Partner mittellos, aber doch ein jeder so arm, dass es nicht zum Single-Dasein reicht. Was also kann wer in die Ehe einbringen? Da ist zunächst einmal der notorisch klamme SFB: 48 Jahre alt mit sechs Hörfunkwellen und einem TV-Programm als Kindern. Der ORB-Nachwuchs ist genauso groß, vier seiner Hörfunk-Sprösslinge wurden im Vorgriff auf die Ehe bereits im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem SFB gezeugt. Mit nur 640 Mitarbeitern braucht der ORB (Jahrgang 1991) freilich deutlich weniger Personal, um sich mit der Pflege der Programmfamilie zu befassen als der SFB, dessen Haushaltsplan 1050 Stellen aufweist.

Ü Schättle und Rosenbauer pokern um Führungsrollen

Die neue Zweiländeranstalt soll nach der Fusion ungefähr die Größe des Hessischen Rundfunks erhalten, vor allem aber Gebührengelder sparen. Genaue Zahlen zum Einsparpotenzial liegen allerdings noch nicht vor. Betriebsbedingte Kündigungen, so heißt es, werde es nicht geben. In den kommenden Monaten müssen sich die Emissäre von ORB und SFB nicht nur auf einen neuen Sendernamen einigen, sondern auch auf einen Unternehmenssitz und vor allem auf die Verteilung von Posten und Positionen, Aufgaben und Ausgaben. Als Vorstufe des für 2009 geplanten Länderbundes Berlin/Brandenburg kann die Fusion von SFB und ORB dabei zeigen, wie gut sich Metropole und Umland verstehen. Das Verhältnis zwischen SFB-Intendant Horst Schättle (Foto) und seinem ORB-Kollegen Hansjürgen Rosenbauer war in der Vergangenheit nicht gerade von harmonischer Zweisamkeit geprägt. Vor allem bei der Kooperation ihrer Hörfunkprogramme waren Schättle (61) und Rosenbauer (59) mehrmals aneinander geraten. In letzter Zeit aber bemühen sich beide um Klimaverbesserung. Rosenbauer predigte seinem Rundfunkrat unlängst, in den kommenden Verhandlungen sei "faire Kooperation statt unnötiger Konfrontation" gefragt.

Ü Neuer Sendername und neuer Intendant gesucht

Völlig unklar ist noch der neue Familienname der Verbindung aus ORB und SFB. Rosenbauer (Foto) hat "Ostdeutscher Rundfunk Deutschland" (ORD) vorgeschlagen, Schättle pocht auf der Bezeichnung "Berlin/Brandenburg" im Namen. Noch aber hat sich keine der beiden Seiten durchsetzen können. Der SFB stellt zwar mit 4,25 Prozent im Vergleich zum ORB (2,7 Prozent) den größeren Anteil am ARD-Programm, ansonsten aber tat er sich in der Vergangenheit wenig rühmlich hervor, um jetzt bei der Fusion einen Führungsanspruch zu erheben. So gab die SFB-Werbetochter Summen für Produktionen aus, die nie erstellt wurden. Mit "Tatort"-Produktionen beauftragte ein zuständiger SFB-Mitarbeiter eine Firma, bei der anschließend seine Lebensgefährtin angestellt wurde. Beim Hörfunkprogramm 88,8 hatte der Musikchef mehrere tausend Mark aus der Konzertkarten-Kasse veruntreut. Kein Wunder, dass es in einer geheimen Studie des Berliner Senats heißt, das Management des SFB sei "in seiner Spitze mangelhaft" und vermutlich "nicht in der Lage, den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden".

SFB-Intendant Schättle scheint manchmal die Kontrolle zu entgleiten. Sein dynamischer Gegenspieler Rosenbauer hat indes wichtige Verträge von Mitarbeitern seiner ORB-Führungscrew demonstrativ vorzeitig für die Zeit nach der Fusion verlängert. Rosenbauers eigener Vertrag läuft Ende 2003 aus, Horst Schättle verabschiedet sich beim SFB spätestens im Februar 2003. Die SPD-Medienpolitiker aus Brandenburg und Berlin können sich zur Führung der neuen Zweiländeranstalt also frühzeitig nach gemeinsamen Kandidaten umsehen.