ARD, ZDF, die WM und die Folgen
Teure TV-Ware für die frühen Morgenstunden
Von Dr. Matthias Kurp, 05.06.2001
Nachdem der WM-Fernsehrechtevertrag
mit der Kirch-Gruppe von allen Aufsichtsgremien abgenickt wurde, sind nun die
Programmplaner an der Reihe...
Wenn am
31. Mai 2002 in Südkoreas Hauptstadt Seoul Weltmeister Frankreich sein
Eröffnungsspiel bestreiten wird, soll das Spiel von der ARD übertragen werden.
Anschließend berichten die beiden öffentlich-rechtlichten Programmanbieter
täglich abwechselnd live über die Spiele in Südkorea und Japan. Darauf haben
sich inzwischen die Programmplaner von ARD und ZDF
geeinigt. Das Endspiel am 30. Juni in Yokohama wird voraussichtlich vom ZDF
übertragen. Weitere Einzelheiten über ihre WM-Programme wollen die
öffentlich-rechtlichen Anbieter erst nach der Auslosung der
WM-Endrundenpaarungen im Dezember veröffentlichen.
ARD und ZDF müssen für die Live-Übertragung von 24
WM-Spielen etwa 250 Millionen Mark aufbringen. Darauf hatte sich eine
Verhandlungskommission nach monatelangem Pokern mit der Kirch-Gruppe geeinigt.
Sollte Deutschland am Ende um Platz 3 spielen, käme diese Paarung für ARD und
ZDF als 25. Spiel gratis hinzu. Alle Paarungen live sind in Deutschland nur in
Kirchs Pay-TV-Angebot Premiere
World zu sehen. Wegen der Zeitverschiebung beginnen die WM-Spiele in
Deutschland um 8.30 Uhr, 11 Uhr oder 13 Uhr. Wer abends Zusammenfassungen sehen
will, muss vermutlich mit SAT.1
Vorlieb nehmen, weil ARD und ZDF für etwa 10 Millionen Mark pro Spiel lediglich
die Live-Rechte erworben haben.
Ü
Konsequenzen: Werbung und kein digitales Free-TV
Um die teure Programmware finanzieren zu können,
wollen ARD und ZDF unter anderem teilweise eigene Sportrechte an den
Olympischen Spielen und Fußball-Europameisterschaften an die Kirch-Gruppe
veräußern. Außerdem soll während der Fußball-WM auch vormittags Werbung
ausgestrahlt werden. Gemäß Rundfunkstaatsvertrag dürfen die öffentlich-rechtlichen
Anbieter werktäglich bis 20 Uhr maximal 20 Minuten Werbung senden, die sie von
sich aus in der Regel erst ab 18 Uhr platzieren. Bei sportlichen
Großereignissen (Tennis etc.) waren aber auch früher schon Ausnahmen gemacht
worden.
Große Enttäuschung dürfte spätestens 2002 bei allen
Haushalten herrschen, die bereits über digitale Satellitenreceiver, nicht aber
über Kirchs Digital-Decoder d-Box und ein Premiere-World-Abonnement verfügen.
Weil digitale Satelliten-TV-Programme nämlich auch in Nachbarländern empfangen
werden können, in denen Kirch seine Senderechte für Pay-TV verwerten möchte,
mussten ARD und ZDF garantieren, die Free-TV-Spiele digital entweder
verschlüsselt oder überhaupt nicht auszustrahlen. Da eine Verschlüsselung
enorme Kosten verursachen würde, scheinen sich die öffentlich-rechtlichen
Anbieter für die zweite Lösung zu entscheiden. Bereits heute empfangen etwa 1,7
Millionen deutsche Haushalte (3,5 Mio. Zuschauer) Digital-TV, sind aber nicht
Premiere-World-Kunden. Sie hätten also nichts von den mit ihren Gebührengeldern
von ARD und ZDF finanzierten WM-Rechten.