Die beiden
größten deutschen Pay-TV-Programmanbieter rücken näher zusammen. Arena
beteiligt sich mit 16,7 Prozent der Gesellschafteranteile an Premiere und
überlässt dem ehemaligen Rivalen im Gegenzug die Vermarktung seines
Bundesliga-Programms via Satellit.
Bereits
seit Wochen hatten Vertreter der Arena-Muttergesellschaft Unity Media und
Manager von Premiere miteinander
verhandelt, um mit einer Einigung die Bilanz-Defizite im digitalen Pay-TV zu
begrenzen. Ohne die TV-Rechte an der Fußball-Bundesliga verlor Marktführer
Premiere 2006 unterm Strich fast 160.000 Abonnenten und machte 161,5 Millionen
Euro Verlust. Die Arena Sportrechte
Marketing GmbH konnte im vergangenen halben Jahr
zwar mehr als eine Million Kunden gewinnen, litt aber darunter, dass fast jeder
zweite Arena-Abonnent via Kabel über die Premiere-Plattform versorgt wurde, was
die Erlöse schmälerte (4 siehe
Artikel „Arena“
kann Premiere-Plattform nutzen).
Das am 8. Februar bekannt gegebene neue Bündnis ist eine Reaktion darauf, dass Arena zwar über die Rechte an der Fußball-Bundesliga
verfügt (4 siehe
Artikel Fußball-Poker:
ARD siegt, Premiere verliert), aber nur unzureichend
über die technischen Plattformen und Kundenbeziehungen. Premiere hat zwar noch
immer einen größeren Kundenstamm, aber nicht mehr so viele exklusive Inhalte.
Ü Gemeinsamer Decoder
Wer die Arena-Programme bislang
per Satellit empfangen wollte und bereits Premiere-Kunde war, benötigte einen
zweiten Decoder, was viele potentielle Kunden abschreckte. Diese zusätzliche
Set-Top-Box ist durch die neue Allianz von Premiere und Arena nicht mehr
erforderlich. Außer den Satelliten-Haushalten
sollen jetzt in allen Bundesländern, die nicht von Unity Media versorgt werden,
auch 2,2 Millionen Kunden kleinerer Kabelnetzanbieter (Netzebene 4) Arena bei Premiere
abonnieren können. Unity Media verfügt nur in Nordrhein-Westfalen (Ish) und
Hessen (Iesy) über eigene Netze. Bereits im Juli war ein Abkommen
geschlossen worden, nach dem Premiere das Arena-Programm in den übrigen
Bundesländern über die 9,6 Millionen Anschlüsse der Kabel
Deutschland GmbH (KDG) vermarkten
konnte.
Premiere erhält für die
erbrachten Dienstleistungen eine „angemessene Umsatzbeteiligung“. Zusätzlich zur
Vermarktung des Bundesligakanals via Satellit übernimmt Premiere auch die
Lizenzrechte an der Marke Arena. Im Gegenzug soll der Bündnispartner im Rahmen
einer Kapitalerhöhung 16,7 Prozent der Premiere-Anteile (16,4 Millionen neue
Aktien) im Wert von etwa 300 Millionen Euro erhalten.
Premiere sicherte sich außerdem
durch einen Vertrag mit Unity Media die Verbreitung über die Kabelnetze in
Nordrhein-Westfalen (Ish) und Hessen (Iesy). Nur wer Arena per Kabel in diesen
beiden Bundesländern empfängt, soll noch von Ish und Iesy beliefert werden.
Auch in Sportbars übernimmt Premiere die Arena-Vermarktung. Darüber hinaus wird
Premiere technischer Dienstleister für Betrieb, Service und Verwaltung aller
Arena-Angebote.
Ü Geballte Marktmacht
Im
Geschäft mit dem von Premiere über Satellit vermarkteten Bundesliga-Progamm
soll Arena „entsprechend den marktüblichen Konditionen“ den
Großteil
dieses Umsatzes erhalten. Von den zusätzlichen Einnahmen aus der
Vermarktung
der neuen Premiere-Programme in den Kabelnetzen von Nordrhein-Westfalen und
Hessen steht Unity Media allerdings nur ein kleiner Anteil zu.
Angesichts
der dominanten Stellung von Premiere (ca. 3,4 Mio. Kunden) und Arena (mehr als
1 Mio. Kunden) im deutschen Pay-TV-Markt ist die Allianz der beiden Unternehmen
nicht unproblematisch. Sollte das Bündnis genehmigt werden, steigt Arena zum
mächtigsten Premiere-Aktionär auf. Eine Einflussnahme des Unternehmens auf die
Geschäfte von Premiere soll dadurch ausgeschlossen werden, dass die Beteiligung
von einem unabhängigen Finanzinstitut „weisungsfrei verwaltet“ werden soll. Die Vereinbarung „schließt jegliche Einflussnahme
von Arena auf die Unternehmenspolitik von Premiere aus. Das Finanzinstitut hat
sich in Bezug auf das Premiere Aktienpaket zu einer Halteperiode (Lock-up)
von sechs Monaten verpflichtet“, heißt es in einer Pressemitteilung vom 8.
Februar.
Ü Aufsichtsbehörden prüfen
Für die Bundesliga-Fernsehrechte
ab 2009 wollen Arena und Premiere getrennte Gebote abgeben. Premiere-Chef Georg
Kofler und sein Unity-Media-Pendant Parm Sandhu erwarten kartellrechtlich keinerlei
Probleme. Wie eng das Verhältnis der beiden Branchenführer werden soll, zeigen allerdings
Vereinbarungen über die Nutzung der Lizenzrechte an der Marke Arena durch
Premiere mit Laufzeiten von bis zu zwanzig Jahren. Das Verbreitungs- und Vermarktungsrecht für
Arena sicherte sich Premiere bis 2017. Unter
anderem sollen neue Programmpakete aus der Kombination von Arena- und Premiere-Angeboten
entwickelt werden.
Der Vertrag sieht auch vor, dass
einerseits Unity Media Zugriff auf die Abonnenten von Premiere erhält und
andererseits Premiere-Programme bis Ende 2017 in die Kabelnetze von
Nordrhein-Westfalen und Hessen eingespeist werden. Das Bundeskartellamt beäugte die sich
anbahnende Allianz von Premiere und Arena bereits im September kritisch und
will den Fall nun noch genauer prüfen. Auch die Kommission zur Ermittlung der
Konzentration im Medienbereich (KEK) hat
eine kritische Kontrolle angekündigt.
Ü Premiere hofft auf neue Kunden
Für neue Pay-TV-Kunden, die an
Live-Berichten von Bundesliga-Fußball interessiert sind, soll mit der
Kooperation von Premiere und Arena vieles einfacher werden. So könnten
Premiere-Satellitenkunden von sofort an Arena ohne Wechsel des Empfangsgeräts
sehen. Für Bestandskunden werde sich bei den Preisen nichts ändern, versprachen
beide Unternehmen. Abonnenten des Komplettangebots von Premiere erhalten den
Zugang zum Bundesliga-Paket zusätzlich ohne weitere Kosten. Alle anderen
Satelliten-Kunden von Premiere dürfen die nächsten vier Spieltage kostenlos
sehen.
Premiere
erhofft sich von der neuen Allianz vor allem neue Abonnenten. Wegen des
Verlustes der Bundesliga-Rechte sank der Umsatz der Aktiengesellschaft, so das
vorläufige Geschäftsergebnis, im vergangenen Jahr um 1,8 Prozent auf 1,055
Milliarden, das operative Brutto-Ergebnis vor Steuern, Zinsen,
Abschreibungen und Restrukturierung
(EBITDA) ging von 137,5 Millionen auf 47,9 Millionen Euro zurück. Im laufenden Jahr will Premiere das Ergebnis vor Steuern,
Zinsen und Abschreibungen von 48 auf 120 bis 140 Millionen Euro steigern. Die
Kundenzahl soll bis zum Jahresende auf mehr als 3,7 Millionen Abonnenten
steigen, bis Ende 2008 sogar auf mehr
als vier Millionen.
Premiere-Bilanz |
2001 |
2002 |
2003 |
2004 |
2005 |
2006 |
Abonnenten |
2,41 Mio. |
2,60 Mio. |
2,90 Mio. |
3,25 Mio. |
3,57 Mio. |
3,41 Mio. |
Ebitda* |
-775,0 Mio. € |
-243,1 Mio. € |
-21,2 Mio. € |
+82,9 Mio. € |
+137,5 Mio. € |
+47,9 Mio. € |
Ergebnis |
-1.279,9 Mio. € |
-168,8 Mio. € |
-205,4 Mio. € |
-80,6 Mio. € |
+48,7 Mio. € |
-161,5 Mio. € |
Abo-Gewinnungskosten |
407 € |
207 € |
174 € |
184 € |
182 € |
??? |
Umsatz pro
Abonnent |
260 € |
248 € |
260 € |
286 € |
295 € |
247 € |
* Ergebnis vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und Restrukturierung |
Dauerhaft dürfte das neue
Bündnis bedeuten, dass Arena vor allem als Programmlieferant für Premiere in
Erscheinung tritt und dafür an den Premiere-Umsätzen beteiligt wird. Die
Endkundenbeziehung aber geht immer stärker an die Kabelnetzbetreiber. Nach dem Bekanntwerden des
Arena-Premiere-Paktes stieg der Aktienkurs des Münchner Pay-TV-Pioniers um bis
zu zwanzig Prozent. Auch der Wert der Anleihen der Arena-Muttergesellschaft
Media, die mehrheitlich den Finanzinvestoren BC Partners und Apollo gehört, ging
deutlich nach oben. Ohne die Allianz mit
Premiere, so hatte Arena vor einem halben Jahr berichtet, wären 2,5 Millionen
Abonnenten nötig gewesen, um die Gewinnzone zu erreichen. Nun kann vor allem
bei weiteren Marketing-Aktionen gespart werden. Die
Arena
Sportrechte Marketing GmbH soll deshalb beim Ergebnis vor Zinsen, Steuern und
Abschreibungen die Gewinnschwelle bereits in der zweiten Jahreshälfte 2007
erreichen, erklärte Unity-Media-Chef Sandhu.
Ü Siehe auch folgende Artikel:
1 „Arena“
kann Premiere-Plattform nutzen (13.07.2006)
1
Arena
sicherte sich Netze, Team und Geld (27.03.2006)
1
Premiere
2005 erstmals mit Netto-Gewinn (14.02.2006)
1
Fußball-Poker:
ARD siegt, Premiere verliert (21.12.2005)
1
Champions-League-Rechte
für Premiere (30.08.2005)
1
Premiere
lockt Anleger mit schwarzen Zahlen (01.02.2005)