Die Deutsche Telekom und der Pay-TV-Sender
Premiere werden ab der kommenden Saison alle Spiele der ersten und zweiten
Fußball-Bundesliga live via Internet übertragen. Zum TV-Empfang werden
spezielle Decoder benötigt. Wie die
neuen Angebote aussehen und was sie kosten sollen, ist allerdings noch offen.
Das Geschäft bahnte sich lange an, jetzt
scheint es perfekt. „Die Deutsche Telekom und Premiere wollen gemeinsam den
neuen Fernsehstandard IP-TV (Internet Protokoll TV) vorantreiben und dem
interaktiven Fernsehen in Deutschland den Weg bahnen“, teilte Premiere am 19.
Mai mit. Die Deutsche Telekom hatte Ende
vergangenen Jahres die Online-Rechte an den Bundesliga-Spielen für etwa 50
Millionen Euro pro Saison erworben. Premiere hingegen sah zunächst wie ein
Verlier aus, als die Deutsche Fußball Liga (DFL)
die exklusiven Live-Rechte fürs Fernsehen kurz vor Weihnachten an die Arena
Sport Rechte und
Marketing GmbH vergeben hatte (4siehe Artikel Fußball-Poker:
ARD siegt, Premiere verliert).
Ü
Premiere steht vor IP-TV-Premiere
Jetzt
könnte Premiere dank der für drei Jahre
geschlossenen Kooperation mit der Telekom doch noch etwas vom Bundesliga-Kuchen
abbekommen. Bereits während der Premiere-Hauptversammlung am 17. Mai hatte
Premiere-Chef Georg Kofler geäußert, er sei zuversichtlich, „bei der Fußball-Bundesliga
im Spiel zu bleiben“. Bereits zwei Tage später meldete sein Unternehmen per
Pressemitteilung, es habe „von der Deutschen Telekom die entsprechenden
Sublizenzrechte erworben“. Damit hofft der Pay-TV-Programmanbieter eine
Kündigungswelle enttäuschter Fußballfans verhindern zu können. Entsprechend
der vertraglichen Vereinbarungen wird Premiere alle Spiele der 1. und 2.
Bundesliga live im IP-TV-Standard produzieren und bereitstellen – zu welchem
Preis, steht allerdings noch nicht fest. Als Experten für die Übertragung von
Bundesliga-Spielen hat die Telekom Franz Beckenbauer verpflichtet.
Premiere übernimmt für die wenig
fernseherfahrene Telekom die Produktion der Sendungen. Die verloren gegangenen
Pay-TV-Rechte sollen für Premiere nun über den Umweg des Internets kompensiert
werden. Via Internet-Protokoll (IP) will die Telekom über ihr neues VDSL-Netz
ab August Fernsehsignale ausstrahlen, die dann mit speziellen Set-Top-Boxen
auch auf normale TV-Monitore übertragen werden können. Premiere wird die Bundesliga-Sendungen
redaktionell und medienrechtlich verantworten. Zu empfangen ist das neue
Angebot über IP-TV-Receiver, die eine Verbreitung von digitalen TV-Signalen in
Echtzeit via Internet ermöglichen. Um die Kunden mit geeigneten Decodern ausstatten zu können,
hat Premiere bereits hundert Millionen Euro Kosten eingeplant.
Ü
Beschleunigung durch VDSL
Die
Telekom AG brauchte für die Nutzung der DFL-Rechte einen erfahrenen TV-Partner
und darf sich – solange der Bund noch an ihr beteiligt ist – ohnehin keine
Hoffnungen auf eine Rundfunklizenz machen. Der Ex-Monopolist und Marktführer
erhofft sich von dem Deal, bei dem die Fußball-Rechte bis 2009 an Premiere
weiterverkauft werden, vor allem eine Initialzündung für das neue VDSL-Netz. Die
Telekom will VDSL ab Sommer zunächst für etwa 3,5 Millionen Haushalte in zehn
deutschen Großstädten anbieten (4siehe
Artikel Tempo,
Timing. Triple Play).
Die
Telekom verspricht für ihr neues IP-TV-Angebot namens T-Home nicht
weniger als ein „Fernsehvergnügen der
vierten Dimension“. Das Angebot soll voraussichtlich Mitte des Jahres nicht nur
mit einer Vielzahl von Free-TV-Programmen starten, sondern auch 28 Kanäle von
Premiere bieten. „Wir bleiben als Produzent und Veranstalter von
Bundesliga-Fußball live im Spiel“, kommentierte Premiere-Chef Georg Kofler
erfreut. T-Home soll außer der Fußball-Bundesliga-Berichterstattung auch den
Video-on-Demand-Service von T-Online
integrieren, der unter anderem Filme der Hollywood-Studios Universal, 20th
Century Fox, Paramount offeriert (4siehe
Artikel IP-TV soll
Fernsehmarkt revolutionieren).
Ü
IP-TV auch via Satellit & Kabel?
Ob die
Rechnung von Telekom und Premiere aufgeht, steht noch nicht fest. Zunächst
werden weder aller deutschen Haushalte noch alle 3,5 Millionen Premiere-Kunden
Fußball per IP-TV empfangen können. Nur wer mindestens einen 5
Mbit/s-Internetzugang und den
geeigneten Receiver besitzt, kann T-Home sinnvoll nutzen. Im Juni 2007 sollen
erst etwa 13 Millionen deutsche Haushalte in fünfzig Städten die Möglichkeit
des VDSL-Zugangs haben.
Dauerhaft dürften Premiere und die Telekom mehr im Sinn haben als den
Eintritt in die IP-TV-Zukunft. Unverhohlen kündigten die Partner in den vergangenen
Wochen mehrmals an, die IP-TV-Rechte auch für die Verbreitungswege Kabel und
Satellit nutzen zu wollen. Das würde faktisch einer Rundfunkverbreitung
entsprechen und dem Angebot des neuen Pay-TV-Rechte-Inhabers Arena die
Exklusivität nehmen. Sollte es dazu kommen, wäre es fraglich, ob die Arena Sport Rechte und
Marketing GmbH bei
fehlender Exklusivität bereit ist, die festgeschriebene Summe von etwa 220
Millionen jährlich an die DFL zu überweisen (4siehe Artikel Arena
sicherte sich Netze, Team und Geld).
Ü
Rechtlich unübersichtliche Lage
Zunächst aber beschwichtigen alle Beteiligten noch. „Die geplante Zusammenarbeit
im Medium Internet findet ausschließlich über die Breitbandnetze der Deutschen
Telekom AG statt. Die herkömmliche TV-Verbreitung über Kabel und Satellit ist
somit ausgeschlossen. Die Deutsche Telekom AG bewegt sich daher im Rahmen der
erworbenen Rechte, der allerdings damit erschöpft ist“, heißt es in einer
Pressemitteilung der DFL.
Die Telekom will nun „in den nächsten Wochen“ mit allen Beteiligten
darüber Gespräche führen, um eine Entscheidung zu erreichen. Premiere-Chef
Kofler beharrt weiterhin auf eine Passage aus dem DFL-Vertrag mit der Telekom,
in der es „klipp und klar“ heiße, „dass eine Übertragung des Bildmaterials auf
Basis des Internet-Protokoll-Standards auch über Kabel, Satellit und
terrestrisch möglich ist“. Der DFL-Aufsichtsratsvorsitzende Werner Hackmann
hatte genau dies bereits im April dementiert und mit einer Klage gegen die
Telekom gedroht. „Im Extremfall könnte die Telekom die Internet-Rechte wieder
verlieren“, orakelte Hackmann. Die Frankfurter
Allgemeine Zeitung zitierte hingegen aus der DFL-Ausschreibung für die
Auktion der Bundesliga-Rechte einen Passus, in dem es heißt, der Inhaber der
IP-TV-Rechte dürfe auch über Kabel und Satellit übertragen. Offenbar war der
DFL nicht bewusst, wie nah im Multimedia-Zeitalter die Angebote von Internet
und Fernsehen beieinander liegen.