Fußball-Poker: ARD siegt, Premiere verliert

Deutsche Fußball Liga steigerte Verkaufspreis um vierzig Prozent

 

 

Von Dr. Matthias Kurp, 21.12.2005

 
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Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat die Fernsehrechte für die Spielzeiten von 2006 bis 2009 an die ARD und eine Allianz großer deutscher TV-Kabelnetzbetreiber vergeben. Verlierer ist der Pay-TV-Kanal Premiere, der bis zur Saison 2007/2008 nur noch über die Fußball-Rechte für die Champions League verfügt.

Die DFL hatte 233 einzelne Rechte-Pakete für die drei Spielzeiten ab der Saison 2006/2007 ausgeschrieben. Am Bieterverfahren beteiligten sich 35 Unternehmen, darunter acht TV-Programmanbieter und 16 Rechteagenturen sowie Konzerne aus den Bereichen Telekommunikation und Internet. Der harte Wettbewerb ließ die Preise deutlich steigen. So kassiert die DFL in den kommenden drei Jahren jeweils etwa 420 Millionen Euro, etwa 120 Millionen Euro mehr als in den vergangenen drei Spielzeiten. Das entspricht einer Preissteigerung um vierzig Prozent.

Ü ARD verschweigt Kaufsumme

Im Free-TV-Bereich bleibt es auch künftig beim Privileg der Sportschau, für die sich die ARD die Rechte sichern konnte. Ausschlaggebend war schließlich der einstimmige Beschluss der DFL-Mitgliederversammlung am 21. Dezember in Frankfurt, bei der alle 36 Vereine der Ersten und Zweiten Liga für die ARD votierten. Die Sportschau darf die Spiele künftig allerdings erst ab 18.30 Uhr zeigen. „Über die finanzielle Ausgestaltung des Vertrags haben ARD und DFL
Stillschweigen vereinbart“, heißt es in einer ARD-Pressemitteilung. Bisher zahlte die ARD etwa sechzig Millionen Euro pro Saison. Branchen-Experten beziffern den neuen Saisonpreis auf 80 bis 90 Millionen Euro. In den vergangenen drei Jahren hatte die ARD jeweils etwa 60 Millionen Euro für die Sportrechte ausgegeben bei ungefähr 50 Millionen Euro Einnahmen durch Werbung und Sponsoring im Umfeld der Sportschau. Das ZDF steigert die Summe von zwanzig Millionen Euro pro Spielzeit auf 30 Millionen Euro und kann im Aktuellen Sportstudio samstags ab 22 Uhr über die sieben Partien von Freitag und Samstag berichten.

 

Entwicklung der TV-Rechtekosten für die Bundesliga-Berichterstattung

 

Rechte-Erwerber

Rechte-Preis*

Programm

1965-1969

ARD/ZDF

0,33 Mio. €

ARD + ZDF

1969-1974

ARD/ZDF

1,33 Mio. €

ARD + ZDF

1974-1978

ARD/ZDF

2,25 Mio. €

ARD + ZDF

1978-1983

ARD/ZDF

3,44 Mio. €

ARD + ZDF

1983-1988

ARD/ZDF

4,09 Mio. €

ARD + ZDF

1988-1991

Ufa

20,25 Mio. €

RTL

1991-1994

Ufa

40,90 Mio. €

RTL + Premiere

1994-1999

ISPR

112,48 Mio. €

Sat.1 + Premiere

1999-2000

ISPR+Ufa

168,73 Mio.

Sat.1 + Premiere

2000-2001

KirchGruppe

355,00 Mio. €

Sat.1 + Premiere

2001-2002

KirchGruppe

328,00 Mio. €

Sat.1 + Premiere

2002-2003

KirchSport

290,00 Mio. €

Sat.1 + Premiere

2003-2004

Infront

290,99 Mio. €

ARD + DSF + Premiere

2004-2006

ARD/DSF/Premiere u.a.

300,00 Mio. €

ARD + DSF + Premiere

2006-2009

ARD/DSF/Arena u.a.

420,00 Mio. €

ARD + DSF + Arena

*national plus international

 

Neu ist die Wiedereinführung eines Spiels der ersten Liga am Freitagabend. Da die Bundesliga als einzige europäische Topliga ein Freitag-Spiel anbietet, soll damit die internationale Vermarktung aufgewertet werden. Kernspielzeit bleibt der Samstag ab 15.30 Uhr mit jeweils sechs Bundesliga-Paarungen. Zwei Partien werden – wie bislang – am Sonntag um 17 Uhr beginnen, von denen Ausschnitte im Free-TV erst nach 22 Uhr im Deutschen Sportfernsehen (DSF) zu sehen sein werden. Die Anstoßzeit der Zweiten Liga wird am Freitag auf 18 Uhr vorgezogen und am Sonntag auf 14 Uhr. Das DSF soll – ähnlich wie bisher – an die DFL pro Saison etwa 25 Millionen Euro überweisen.

Ü Premiere hat zu hoch gepokert

Der große Verlierer im Vertragspoker ist Premiere. Der Pay-TV-Programmanbieter, der seit mehr als zehn Jahren Partner der Liga ist und zuletzt pro Saison 180 Millionen Euro für die Rechte bezahlte, hat sich offenbar verkalkuliert. Bis zum Schluss soll Premiere-Chef und -Gesellschafter Georg Kofler die Deutsche Fußball Liga gedrängt haben, sie dürfe dem Free TV die Rechte samstags erst ab 22 Uhr überlassen. Nur für diesen Fall hatte Kofler schließlich mehr als 300 Millionen Euro geboten. Die Vertreter der Bundesliga aber fürchteten, mit einem weniger attraktiven Sendeplatz im Free TV sowohl die Fans als auch die Sponsoren und Werbepartner (Bandenwerbung etc.) zu vergraulen. Deshalb erhielt nun der neue Anbieter Arena Sport Rechte und Marketing GmbH für insgesamt etwa 240 Millionen Euro den Pay-TV-Zuschlag.

Textfeld: Probleme für Premiere
Der Aktienkurs der Premiere AG hat sich seit dem Börsengang im März 2005 etwa halbiert und sackte nach Bekanntgabe der DFL-Entscheidung auf unter 14 Euro. Ohne die begehrten Live-Übertragungen der Fußball-Bundesliga dürfte die Abonnentenzahl von etwa 3,5 Millionen nicht mehr lange zu halten sein. Premiere-Chef Georg Kofler bestritt Schätzungen, wonach mehr als ein Drittel der Abonnenten allein aufgrund der Bundesliga-Übertragungen an Premiere interessiert seien. In jedem Fall aber wird Premiere die Preise für seine Abo-Pakete senken müssen.
Nun muss sich Premiere um andere Aktivitäten bemühen, um Wachstumsphantasien zu beflügeln. Verhandlungen mit Arena gelten zurzeit ebenso wenig als ausgeschlossen wie die Übernahme eines Free-TV-Programms der ProSiebenSat.1 Media AG. Premiere muss bis zum Frühjahr ohnehin die Free-TV-Ausstrahlung der Champions League sicher stellen und hatte den Kauf eines Free-TV-Programms bereits in Erwägung gezogen.
 

 

 

 

 

 

 

 

 


Arena ist ein Tochterunternehmen der regionalen Kabelnetzbetreiber Ish (Nordrhein-Westfalen), Iesy (Hessen) und Telecolumbus, die gemeinsam unter der neuen Dachmarke Unity Media etwa sieben Millionen Kabel-Haushalte versorgen. Vermutlich wird Arena auch mit der Kabel Deutschland GmbH (KDG) kooperieren, deren Kabel mit Ausnahme von Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen überall in Deutschland insgesamt 10 Millionen Haushalte erreichen.

Ü Kabelnetzbetreiber als neue Mitspieler

Arena hat sich gegenüber der DFL verpflichtet, auch für eine Pay-TV-Ausstrahlung und -Empfangsmöglichkeit per Satellit zu sorgen. Nach Ankündigung der DFL-Spitze wird das entsprechende Abonnement maximal 20 Euro im Monat kosten. Anders als Premiere ist Arena eigentlich kein Programmanbieter, sondern ein Zusammenschluss verschiedener Kabelnetzbetreiber, die für die Ware Bundesliga erst noch eine eigene Pay-TV-Plattform schaffen müssen. Allerdings bieten Ish, KDG und Co. ohnehin schon eigene Pay-TV-Programmpakete an. Unity Media verfügt zurzeit über 100.000 Pay-TV-Kunden, für KDG-Programme zahlen ungefähr 320.000 Abonnenten.

Internationaler Preis-Vergleich

Fußball-Liga

Land

Rechte-Preis 2005

Bundesliga

Deutschland

300 Mio.

Premiere League

Großbritannien

710 Mio. €

Serie A

Italien

550 Mio. €

Ligue 1

Frankreich

550 Mio. €

Primera Divison

Spanien

500 Mio. €

Ehrendivision

Niederlande

80 Mio. €

Quelle: eigene Recherchen/Ernst & Young, Stand: Juni 2005

              

Neue Regelungen wurden auch für die Zweite Bundesliga beschlossen: Am Freitag überträgt Arena von 18 Uhr an die Live-Paarungen, DSF fasst von 22 Uhr an das Wichtigste zusammen. Am Sonntag sendet der Abo-Sender Arena ab 14 Uhr live, das DSF berichtet ab 19.15 Uhr. Sowohl freitags als auch sonntags beginnen die Spiele also eine Stunde früher als bisher. Das Live-Spiel am Montag wird weiterhin frei empfangbar beim DSF zu sehen sein.

Ü Telekom zahlt vierzig Millionen Euro

Die Online- und Internetrechte für die nächsten drei Spielzeiten der Bundesliga hat die Telekom AG erworben. Sie will von der Saison 2006/07 an Spiele der ersten Bundesliga als Live-Streams zeigen, anfangs wohl kostenfrei, später gegen Entgelt. Für die Rechte muss das Unternehmen pro Saison 40 Millionen Euro an die DFL überweisen. Nach Telekom-Angaben sollen die Spiele über die T-Online-Seite Onsport.de übertragen werden. Zu welchen Konditionen ab der nächsten Saison in den Nachrichten und in den Dritten Programmen der öffentlich-rechtlichen Sender über die Bundesliga berichtet werden darf, wird die DFL erst in einer weiteren Vergaberunde Anfang 2006 entscheiden.

 

Ü Siehe auch Artikel 1 Champions-League-Rechte für Premiere

Ü Siehe auch Artikel 1 Bundesliga wieder in ARD-Sportschau

Ü Siehe auch Artikel 1 Premiere zeigt Bundesliga bis 2006