Der Pay-TV-Programmanbieter Premiere hat bei der Europäischen Kommission in Brüssel am 27. Oktober eine Beschwerde wegen Wettbewerbsverletzung durch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten eingereicht. Inhaltlich geht es um den Vorwurf, die European Broadcasting Union (EBU) behindere beim Sportrechte-Erwerb den Wettbewerb und blockiere durch öffentliche Beihilfen den Pay-TV-Markt.

In dem Schreiben an die EU-Kommission wirft Premiere-Geschäftsführer Georg Kofler dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Bildung von Einkaufskartellen und unzulässige Subventionen vor. Förmlich richtet sich die Wettbewerbsbeschwerde gegen die Europäische Rundfunk-Union (EBU), die sich Mitte Juni für insgesamt 614 Millionen Euro die Rechte an den Olympischen Spielen (ohne Italien) bis 2012 sichern konnte (4 siehe Artikel Olympisches Tauziehen um TV-Rechte und Öffentlich-rechtlicher Olympia-Sieg). Premiere hatte sich beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ebenfalls beworben, schließlich aber keinen Zuschlag erhalten. Das Angebot von Premiere sah 4000 Stunden live auf 19 Kanälen vor und sollte zum umfangreichsten Olympia-Programm in der Geschichte der Spiele werden. Zur EBU gehören nahezu alle wichtigen öffentlich-rechtlichen Programme in Europa. Deshalb, so argumentierte das IOC im Juni, sichere die Vergabe der Rechte an die EBU die größtmögliche Zuschauerzahl und die größtmögliche unverschlüsselte TV-Übertragung der Spiele.

Ü Premiere sieht „Einkaufskartell“

Die gebündelte Rechtevergabe an den EBU-Verbund hält Kofler für das Ergebnis eines öffentlich-rechtlichen Einkaufskartells, das in ähnlicher Form privatwirtschaftlichen Rundfunkunternehmen nicht gestattet wäre. Ziel der EU-Beschwerde sei es, teilte Premiere am 29. Oktober in einer Pressemitteilung mit, „fairen Zugang zu Sport-Großereignissen wie den Olympischen Spielen oder Fußball-Europameisterschaften zu bekommen“. Kofler argumentiert, sein Unternehmen habe „überzeugende Konzepte für umfassende Live-Übertragungen, die das Programm von ARD und ZDF sinnvoll ergänzen“. Schließlich würde die Übernahme von Olympia-Rechten durch Premiere „den Gebührenzahler entlasten und dem interessierten Sportfan ermöglichen, auch bei Ereignissen dabei zu sein, die er ansonsten nicht am Fernsehschirm erleben kann“.

Ü EBU auf EU-Prüfstand

Außer der bereits im Juni angekündigten Wettbewerbsbeschwerde ging bei der EU in Brüssel auch noch eine Beihilfebeschwerde von Premiere ein. Kofler wirft ARD und ZDF vor, sie hätten über die EBU automatisch mit Gebührenmitteln auch Sportübertragungsrechte für das Abonnementfernsehen erworben, obwohl sie diese gar nicht nutzen könnten. Beihilfen in Form von Rundfunkgebühren würden also genutzt, um private Wettbewerber zu behindern. „Mit dem Geld des Gebührenzahlers wird ein unnötig großer Rechtekatalog aufgebaut, der nur dem Ziel dient, Konkurrenten wie Premiere den Zugang zu Sport-Großereignissen zu verwehren oder zumindest zu kontrollieren“, argumentiert Kofler. Die Argumentation von Premiere basiert auf einem Berufungsurteil des Europäischen Gerichtshofes vom 27. September (AZ C-470/02 P). Darin sei festgestellt worden, dass die EBU den Wettbewerb auf dem Markt der Sportrechte behindere. Die EU-Kommission prüft zurzeit grundsätzlich, ob die EBU zu einer Weitergabe von Lizenzen an Privatsender in Form von Sublizenzen verpflichtet werden kann.

Ü ARD: Vorwurf „substanzlos“

Die ARD hat die Premiere-Beschwerde bei der EU in Brüssel inzwischen als „substanzlos“ bezeichnet. Der ARD-Vorsitzende und NDR-Intendant Jobst Plog erklärte, Premiere versuche die EU-Kommission „für durchsichtige unternehmerische Interessen zu instrumentalisieren“. In einer ARD-Pressemitteilung vom 29. Oktober wird Plog wie folgt zitiert: „Premiere verdreht die Tatsachen. Wir haben dem Sender mehrfach attraktive Sportrechte zur Übertragung angeboten, darunter Fußball-Pokalspiele, internationale Leichtathletik-Wettbewerbe und Länderspiele der überaus erfolgreichen Frauen-Nationalmannschaft. Wenn Premiere dagegen behauptet, wir würden die kommerziellen Sender vom Sport aussperren, dann ist dies absurd.“