ARD contra Kirch/Murdoch
Klage beim Europäischen Gerichtshof
eingereicht
Von Dr. Matthias Kurp, 15.06.2000
Die
ARD klagt gegen die EU-Genehmigung für die Pay-TV-Allianz von Kirch-Gruppe und
Rupert Murdoch.
Die ARD hat am Dienstag, 13. Juni
2000, beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg eine Klage gegen die
Europäische Kommisssion eingereicht. Gegenstand ist die Genehmigung der Allianz
zwischen Kirch-Gruppe
und Rupert Murdochs News
Corporation beim deutschen Pay-TV-Programm Premiere World. Die
Europäische Kommission hatte im März dem Kirch/Murdoch-Medienpakt zugestimmt,
so dass sich Murdochs britische Pay-TV-Gruppe British Sky
Broadcasting plc (BSkyB) mit knapp 25 Prozent an Kirchs Pay-TV GmbH &
Co. KGaA beteiligen durfte. BSkyB hatte etwa 2,9 Milliarden Mark für die
Beteiligung bezahlt, davon 1,9 Milliarden Mark in Form von 78 Millionen
BSkyB-Aktien und 1 Milliarde Mark in bar. Kirchs chronisch finanzschwaches Pay-TV
wurde damit eine rettende Finanzspritze ermöglicht.
Die ARD, vertreten durch das Stuttgarter Anwaltsbüro
Haver & Mailänder, hat mit der Klageschrift gegen die EU-Kommission den Weg
der so genannten Individualnichtigkeitsklage gemäß Art. 230 Abs. 4 EG-Vertrag
eingeschlagen. Dabei wird als Klagegrund vor allem ein formales Fehlverhalten
der EU-Kommission angeführt. WDR-Justiziarin Eva-Maria Michel erklärte, der
Entscheid zugunsten von Kirch und Murdoch sei bei der EU bereits in der Phase
der Vorprüfung gefallen. Außerdem seien die Genehmigungsauflagen viel zu
schwach. Der Westdeutsche Rundfunk ist bei der ARD federführend für das
Verfahren zuständig.
Ü
ARD-Klage gegen „drohendes Monopol“
In einer Presseerklärung ergänzte der ARD-Vorsitzende
Peter Voß, die ARD habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, sich aber
angesichts eines drohenden Monopols zur Klage entschieden. „Das letzte Wort in
dieser Angelegenheit ist noch nicht gesprochen“, äußerte sich Voß kampflustig.
„Noch während des Verfahrens wird sich erweisen müssen, ob die umfangreichen
Auflagen und Bedingungen der Europäischen Kommission tatsächlich geeignet sind,
die Wertung einer marktbeherrschenden Stellung des Bezahlfernsehens von Kirch
und Murdoch tatsächlich auszuräumen.“
BSkyB ist mit etwa 7 Millionen Abonnenten in
Großbritannien zurzeit die Nummer 1 im europäischen Bezahlfernsehen. Premiere
World ist mit knapp 1,5 Millionen Kunden Marktführer beim digitalen Pay-TV in
Deutschland. Die ARD fürchtet deshalb, der Pakt der Medienmultis werde sich
gravierend auf den Handel mit Sport- und Spielfilmrechten für das digitale
Fernsehen auswirken. Würden Premiere World und BSkyB ihre Nachfragemacht
bündeln, hätte ihre Konkurrenz kaum noch eine Chance, massenattraktive
Programme zu günstigen Preisen zu erwerben, heißt es bei der ARD. Die
Intendanten hoffen nun, dass der Europäische Gerichtshof Kirch und Murdochs
digitalen Deal doch noch verbietet oder zumindest schärfere Auflagen verlangt.